Schlafen, aufplustern oder in die Mitte rücken
Wie Tiere durch den Winter kommen
Mit den kürzer werdenden Tagen und den tieferen Temperaturen stellen sich die Tiere auf den Winter ein. Wie überstehen sie die Wintermonate vom Dezember bis Ende Februar?
Was machen jetzt bloss die Tiere draussen? Diese Frage geistert durch den Kopf bei einer Tasse heissem Tee, einem interessanten Buch auf den Knien an einem kalten Winterabend im warmen Zimmer. Der Mensch ist verweichlicht. Die meisten in der Schweiz würden ein Leben draussen kaum überstehen.
Strategien durch den Winter
Nicht so die Tiere. Sie haben verschiedene Strategien, die kalte Jahreszeit zu überstehen:
- Sie haben sich noch im Herbst aufgefuttert
- Legen Vorräte an
- Ein Winterfell wuchs
- Sie begeben sich in den Winterschlaf, die Winterruhe oder die Winterstarre
- Sie verlassen Höhenzonen und verbringen die kalte Zeit in den Niederungen
- Sie ziehen ganz weg in den Süden
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Für Vorrat sorgen
Häher sind Meister der Vorratshaltung. In der Schweiz leben der Tannen- und der Eichelhäher. Tannenhäher etwa sammeln zwischen 30 000 und 100 000 Arvennüsschen und verstecken sie, um im Winter davon zu zehren. Da sie nicht ganz alle wieder finden, tragen sie so auch zur Verbreitung des Bergbaums Arve bei. Eichelhäher werden ihrem Namen gerecht, indem sie bis zu 3000 Eicheln verstecken. Ein Eichelhäher kann in seinem Kehlsack bis zu 10 Eicheln transportieren.
Den Winter verschlafen
Auch das Eichhörnchen sorgt für Vorrat. Es vergräbt bis zu 2500 Nüsse und Samen. Manche Säugetiere aber ziehen es vor, den Winter einfach zu verschlafen. Dazu gehört das Murmeli. Bis zu 20 liegen zusammen in ihrem Bau und wärmen sich gegenseitig. Sie senken die Körpertemperatur auf 5 Grad und atmen nur noch zweimal pro Minute. Die Herzfrequenz sinkt von 200 auf 20 Schläge pro Minute. So kommen sie mit 1200 Gramm Körperfettreserven durch den Winter. Murmeli verlieren während des Winterschlafs um die 40 Prozent ihres Gewichts. Auch bei Igeln verringert sich die Herztätigkeit massiv von 200 auf etwa 8 Schläge pro Minute. Die Körpertemperatur sinkt von 36 auf 4 Grad. Die Stacheltiere begeben sich ebenfalls in einen Winterschlaf. Sogar Fledermäuse verschlafen die kalten Monate. Schläferarten wie der Sieben- und der Gartenschläfer tragen die Eigenschaft bereits im Namen. Sie fressen sich im Herbst viel Futter an, rollen sich im Schutze einer Höhle im Winter zusammen und wachen erst dann wieder auf, wenn Vögel singen und Blumen blühen.
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Fell- und Gefiederwechsel
Steinböcke und Gämsen trotzen dem Winter. Doch sie begeben sich in tiefere Lagen, wo das Wetter nicht ganz so harsch ist wie in hochalpinen Zonen. Auch Steinböcke und Gämsen senken die Herzschlagrate im Winter.
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Dem Schneehasen wächst ein weisses Winterfell, das ihn nicht nur tarnt, sondern auch den Energieverlust um 25 Prozent senkt. Das Schneehuhn mausert um und legt sich auf den Winter ein weisses Federkleid zu. Zugleich wachsen ihm längere Krallen. Damit kann es die Schneedecke besser aufkratzen, um darunter Nahrung zu finden.
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In der Starre durch den Winter
Reptilien und Amphibien fallen in die Winterstarre. Manche Grasfrösche überwintern so in der Tiefe des Teichs. Erdkröten fallen in Höhlen unter Wurzeln und Steinen in die Starre. Auch Eidechsen, Blindschleichen und Schlangen verbergen sich, reduzieren ihre Körpertemperatur und überstehen so den Winter irgendwo im Erdreich, über das sich eine Schneedecke legt.
Der Schwache wird gejagt
Wenn es draussen stürmt, schneit oder klirrend kalt ist, erwecken die Singvögel besonderes Bedauern. Sie sehen zerbrechlich und verletzlich aus. Doch auch sie haben Strategien, die düstere Jahreszeit zu überstehen, wenn es für sie auch hart ist und ihr manche zum Opfer fallen. Solche, die geschwächt und dadurch nicht mehr optimal reaktionsfähig sind, fallen Jägern zum Opfer wie etwa dem Sperber oder dem Habicht. Auch diese Raubvögel müssen sich durch den Winter bringen und sind auf Nahrung angewiesen.
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In der kuschligen Mitte
Das dichte Federkleid schützt Vögel vor der Kälte. Wenn sie sich aufplustern, wärmt es umso mehr, denn Federn haben eine Dämmwirkung. Amseln werden darum bei grosser Kälte zu Kugeln. Schwanzmeisen etwa nächtigen in Schlafgemeinschaften. Die Vögel in der Mitte werden von ihren Artgenossen gewärmt und wechseln des Nachts den Platz, damit alle in den Genuss der wärmenden Mitte gelangen.
Von Federkugeln bis zum Leben im Tropenwald
Manche Vögel sind Teilzieher, so etwa manche Amseln. Es ist gar nicht sicher, dass alle, die im Winter um das Futterhaus fliegen, auch im Sommer im Gebiet lebten. Vielleicht verbringen Amseln aus nördlichen Gegenden den Winter hier. Es ist für sie milder. Manche unserer Amseln ziehen in mediterrane Gebiete. Es gibt aber auch viele, die hier bleiben. Während der Star in mediterrane Gefilde fliegt, haben Kuckuck und Pirol einen weiten Weg. Sie verbringen den Winter im Kronendach des zentralafrikanischen Regenwalds. Auch die Schweiz ist Überwinterungsgebiet für viele Vögel. Bis zu 100 Millionen überqueren das Land auf ihrem Zug in den Süden. 500 000 Wasservögel überwintern auf Schweizer Gewässern.
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Ab in den Tropenwald
Und der Mensch, wie verbringt er den Winter und die dunkle Jahreszeit? Eine gute Möglichkeit, Leben und Farbe in die Wintermonate zu bringen, ist die Fütterung der Vögel draussen. Der Fachhandel hält entsprechendes Futter bereit. Amseln picken gerne von aufgeschnittenen Äpfeln. Eine Insekten-Trockenmischung aus dem Zoohandel ist begehrt bei Meisen und Rotkehlchen. Die Farbe Grün tut dem Auge gut, fehlt aber in der Natur im Winter weitgehend. Abhilfe schaffen Zimmerpflanzen in der Wohnung und ein kostenloser Gang durch die Schauhäuser botanischer Gärten, beispielsweise in Basel, Bern, Genf, Neuchâtel, St. Gallen oder Zürich. Dort wuchert tropisches Grün in feuchtwarmer Luft. Eine Reise in die Tropen, mitten im Winter!
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