Mit dem Bagger Pflanzen inszenieren
Landschaftsgärtner arbeiten mit der Natur und schaffen Gartenräume
Landschaftsgärtner bauen Terrassen, Teiche und Mauern. Sie sägen Holz und zerschneiden Steine. In wissenschaftlichen Pflanzenbezeichnungen und im Erstellen von Pflanzplänen für Gartenanlagen kennen sie sich ebenso aus.
Paletten mit Gartenplatten, Sträucher inTöpfen und sackweise Granulat stehen vor dem Haus. Beim Schuppen mit Rechen, Pickel, Schaufeln und vielen Besen telefoniert Stefan Schwärzler. Ditu, sein Berger des Pyrénées, schnüffelt im Gras. Wenig später erzählt der Mann mit dem schelmischen Lächeln von seinem Alltag als Landschaftsgärtner.
Der 51-Jährige führt seit 25 Jahren seine eigene Firma, die andergarten GmbH in Vechigen bei Bern. Zuerst habe er Topfpflanzen- und Schnittblumengärtner gelernt und anschliessend noch eine Lehre als Landschaftsgärtner absolviert. Der Weg zur eigenen Firma war kurz. «Ich erhielt immer mehr Anfragen, um privat Gärten zu gestalten oder zu pflegen», sagt der Pflanzenfreund. Heute hat er neun Angestellte.
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«Wir treffen uns jeden Tag um 6.30 Uhr hier», sagt Schwärzler am Tisch des Pausenraums. Nach Kaffee und Besprechung gehen die Trupps zu den Kunden. Manche beschäftigen sich mit dem Unterhalt von Gärten, andere gestalten sie neu. Gegen zirka 18 Uhr sind sie zurück von den Einsätzen.
«Im Winter arbeiten wir acht, im Sommer neun Stunden täglich», erzählt Stefan Schwärzler. Es sei ein strenger Beruf, darum sei bei ihm niemand zu 100 Prozent tätig. Die Einsatzorte seien meist in rund 30 Minuten Fahrzeit vom Arbeitsort zu erreichen. Eine Fahrzeit täglich gehe zu Lasten des Arbeitnehmers.
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Pflanzen inszenieren
Stefan Schwärzler und sein Team betreuen Privatgärten und Aussenanlagen von Siedlungen. «Dabei ist uns Kundenbindung wichtig.» Das heisst: Der gleiche Gärtner kümmert sich stets um dieselben Kunden. Ein Gärtner müsse sich in einen Garten hineinfühlen können. Schwärzler erzählt von speziellen Gärten, die er nach alten Plänen wiedererweckt habe. Spätestens als er davon schwärmt, wie er Gärten und Pflanzen inszeniere, wird klar, dass ein Landschaftsgärtner auch ein Künstler ist. Mit Pickel, Steinfräse, Bagger und Pflanzen kreiert er Gartenräume. Die Natur ist perfekt, doch sie nachzuahmen, ist eine Kunst.
Landschaftsgärtner beherrschen sie. «Wenn das Budget des Auftraggebers entsprechend ist», räumt Schwärzler ein. «Kürzlich war ich bei einem Kunden, der eine Terrasse attraktiv gestalten wollte. Er hat mir einen Musterstein gezeigt, den er zur Bodengestaltung einsetzen wollte.» Schwärzler war konsterniert, seine Antwort fiel direkt aus. Er sehe von seiner Terrasse aus Eiger, Mönch und Jungfrau. Da passe es nicht, dass er auf Steinplatten aus einem chinesischen Steinbruch sitze, sagte er dem Kunden. Der sei zuerst konsterniert, dann dankbar gewesen. Er sei sich der Herkunft des Steins nicht bewusst gewesen. «Wir arbeiten nur mit Schweizer Stein und solchem aus dem benachbarten Ausland», betont der Gartengestalter.
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Er versuche, im Gespräch die Bedürfnisse der Kunden zu eruieren, besonders auch bezüglich der Bepflanzung. Dann zeige er Vor- und Nachteile auf. Schwärzler erzählt weiter: «Bleiben wir bei Terrassen. Es sind Extremlebensräume, brütend heiss im Sommer, eisig kalt im Winter.» Kenntnisse der natürlichen Standorte der Pflanzen seien wesentlich. Für Terrassen würden sich Nadelgehölze eignen. Föhren beispielsweise sind hitzebeständig, leben auf kargen Böden und trotzen im Winter der Kälte. Auf Terrassen bilden sie attraktive Akzente. Auch Fetthennen-Arten seien ideale Terrassenpflanzen. Stefan Schwärzler verwendet sie darum auch für Dachbegrünungen.
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Manche wünschen sich allerdings eine griechische Atmosphäre. Das könne durchaus realisiert werden, wenn ein gewisser Pflegeaufwand betrieben werde. So brauchen etwa mediterrane Kübelpflanzen frostfreie, helle Überwinterungsplätze.
Auf Terrassen installiere er automatische Bewässerungssysteme, in Gärten nicht. «Es ist heute essenziell, dass standortgerecht gepflanzt wird», betont Schwärzler. «Ansonsten haben die Pflanzen Stress und kränkeln.»
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Pflanzen- und Maschinenkenntnisse
Biodiversität spielt bei vielen Kundenwünschen heute eine wichtige Rolle. Sie werde jedoch manchmal missverstanden, räumt Stefan Schwärzler ein. Artenvielfalt heisse nicht, einfach alles wachsen zu lassen. «Schliesslich dominieren wenige Arten, oft handelt es sich dabei sogar um Neophyten.» Kleinstrukturen müssen gepflegt werden. Schwärzler und seinem Team ist es ein grosses Anliegen, neue Erkenntnisse punkto Artenvielfalt bei der Gartengestaltung umzusetzen. Heute brauche es ein anderes Pflanzensortiment als noch vor 30 Jahren. Er setze hitzeresistentere Arten ein.
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Der Landschaftsgärtner spielt auch mit Blattformen und -farben. «Eine Rotbuchenhecke in einer weissen Siedlung erfreut das Herz», sagt er lächelnd. Gezielt könnten Exoten im Garten verwendet werden, so wie etwa die Kletterhortensie. Sie sei in jeder Jahreszeit attraktiv. Im Winter verzauberten die dürren Blüten, im Frühling zeigten sich die spannenden Ranken und im Sommer biete das satte Grün des Laubs gepaart mit den aparten Blüten einen Augenschmaus.
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«Auch Liegenschaftsverwaltungen sind heute zum Thema Artenvielfalt sensibilisiert», ergänzt der Gartenbauer. So setzen er und sein Team etwa Faulbaum und Schwarzdorn anstatt Thuja und Kirschlorbeer, führen das Schnittmaterial nicht ab, sondern gestalten damit Totholzhecken, auch Benjeshecken genannt. Gerade bei der Betreuung von Siedlungsgärten sei alternierendes Arbeiten gefragt. Es sei nicht notwendig, Bäume alljährlich zu schneiden. «Dank dem könne Geld gespart werden.» Der Kostendruck sei durchaus ein Problem, denn gerade Liegenschaftsgärten würden oft von Teams betreut, die keine Fachleute seien.
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Stefan Schwärzler steht jetzt auf dem Vorplatz seines Firmen- und Wohngebäudes, eines alten Bauernhauses. Er öffnet ein Scheunentor. Darin kommen Kleinbagger, Grossflächenmäher und Bodenbearbeitungsmaschinen zum Vorschein. «Junge Menschen fühlen sich oft von Maschinen angezogen», sagt er. Wer gerne damit arbeite, komme im Beruf Landschaftsgärtner auf seine Kosten, müsse sich aber bewusst sein, dass Handarbeit den grösseren Anteil ausmache.
Gartenräume als Zimmer
«Ein Landschaftsgärtner muss auch grosse Pflanzenkenntnisse haben und Gewächse bestimmen können.» Das sei die Kernkompetenz. «Wir beraten, entwickeln und führen aus, immer im Gespräch mit den Kunden.» Das bedinge stete Weiterbildung. «Wenn jemand Geld für seinen Garten ausgibt, soll er einen Bezug haben, der Garten soll lieblich aussehen», stellt Schwärzler klar. Darum wähle er zusammen mit den Kunden die Pflanzen aus. Da brauche es Kommunikationsfähigkeit.
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Das Schönste am Beruf sei, Gärten gestalten und verändern zu können. «Das ist das Tüpfli auf dem I», schwärmt Schwärzler. Klar, Büroarbeiten seien nicht gerade das Liebste, was er mache. Die Kundenakquise sei nicht zu vernachlässigen. Die meisten Aufträge kämen durch Mund-zu-Mund-Propaganda. Stefan Schwärzler blickt darum optimistisch in die Zukunft. «Wir sind Gewinner der Coronakrise. Die Leute legen jetzt Wert darauf, ihr Zuhause schön zu gestalten.»
Ob Natursteinmauer, Hochbeet, grosszügiges Insektenhotel, Teiche, Ast-, Stein- und Sandhaufen, Sitzplatz mit Steinplatten, der Landschaftsgärtner kann es richten. Wenn er nochmals von vorne beginnen könnte, würde er diesen Beruf wieder wählen, sagt Schwärzler. Er schwärmt von den vielen zwischenmenschlichen Beziehungen, von der Möglichkeit, mit Pflanzen zu gestalten. «Ich bin mit Leib und Seele Gärtner!»
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Wie wird man Gärtner Garten- und Landschaftsbau?
• Dreijährige Lehre nach obligatorischer Schulzeit
• Verwandte Berufe: Baumschulist, Topfpflanzen- und Schnittblumengärtner (im ersten Lehrjahr besuchen Landschafts- und Topfpflanzen- und Schnittblumengärtner gemeinsam die gleiche Berufsschule)
• Gute körperliche Konstitution. Arbeitet bei Wind und Wetter draussen
• Interesse an der Natur und an Pflanzen
• Bereitschaft, um die 410 Pflanzenarten (Gehölze, Stauden, Kübelpflanzen, Wechselflor, Zierpflanzen) auch in laublosem Zustand zu bestimmen (Kenntnisse der wissenschaftlichen Bezeichnungen)
• Technisches Flair zum Bedienen von diversen Maschinen
• Aufstiegsmöglichkeiten: Vorarbeiter, Polier, Betriebsleiter, Meister
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