Ehe man sich einen Hund zu einer Katze oder umgekehrt anschafft, sollte man sich zunächst einmal die grundlegenden Bedürfnisse, aber auch Unterschiede beider Tierarten vor Augen führen, um bestimmte Verhaltensweisen, aber auch eventuelles Konfliktpotenzial besser verstehen zu können. «Grundsätzlich sind die Ansprüche an uns Menschen recht ähnlich. Katzen sind jedoch eher dämmerungs- und nachtaktiv, während der Hund sich nach dem Tagesrhythmus des Menschen richtet. Dass Katzen Einzelgänger sind, ist ein Gerücht, das sich leider hartnäckig hält. Katzen sind Einzeljäger, aber sie sind wie Hunde sehr soziale Tiere, die sehr enge Bindungen zu Menschen und anderen Tieren eingehen können. Mir ist auch ganz wichtig, zu erwähnen, dass Katzen genau wie Hunde Beschäftigung brauchen und nicht nur dafür da sind, das menschliche Kuschelbedürfnis zu befriedigen. Sie sollten täglich etwa bis zu einer Stunde über den Tag verteilt beschäftigt werden, damit keine Verhaltensauffälligkeiten entstehen. Katzen besitzen einen viel besseren Gehörsinn als Hunde, was von uns Menschen in der Interaktion mit ihnen oftmals unterschätzt wird. Hunde machen vieles, um ihrem Halter zu gefallen. Wenn eine Katze hingegen zum Beispiel beim Clickern einen Trick ausführt, macht sie das, weil sie es wirklich möchte. Wohnungskatzen sind jedoch genauso abhängig vom Menschen wie der Hund», erklärt die Katzen- und Hundeverhaltens- therapeutin Fabienne Nigro.

Bei der Auswahl beachten

Was die Auswahl des neuen Tieres betrifft, gibt es bereits einiges zu bedenken. «Das Alter spielt eine grosse Rolle. Da Hunde und Katzen eine unterschiedliche Körpersprache haben, ist es von Vorteil, beide Tiere jung aneinander zu gewöhnen. Eine Zusammenführung zu einem späteren Zeitpunkt ist zwar nicht unmöglich, aber es wird immer schwieriger. Ebenfalls gut abgewogen werden sollte das Temperament. Für ein friedvolles Miteinander ist es von Vorteil, wenn beide Tiere einen ähnlichen Charakter haben. Hunde sind in der Regel etwas toleranter als Katzen. Vorsicht gilt allerdings bei Hunderassen mit hohem Jagdtrieb, denn diese machen häufiger Probleme», sagt Nigro. «Das Geschlecht hingegen ist nicht ausschlaggebend. Wichtig ist mir ausserdem noch: Möchte man zu einer bereits vorhandenen Katze einen Hund aus dem Tierschutz aufnehmen, sollte man sich vorab unbedingt darüber informieren, ob er auch wirklich katzen- verträglich ist. Für Hunde, die vorher auf der Strasse gelebt haben, gehörten Katzen eventuell zu ihrer Beute. Leider kommt es immer wieder vor, dass solch ein Strassenhund, der in einen Katzenhaushalt neu hinzukommt, die Katze tot beisst, vor allem, wenn es eine ältere Katze ist, die nicht mehr so flink ist», so die Expertin.

Vorbereitungen vor dem Einzug

Hat man schliesslich einen potenziell passenden vierbeinigen Neuzugang gefunden und rückt der Tag seines Einzuges näher, ist es empfehlenswert, sich für die Zusammenführung und Gewöhnung der beiden Tiere aneinander etwas Urlaub zu nehmen. Für einen guten Start ist es wichtig, dass alles ganz in Ruhe und entspannt ohne Trubel oder Hektik abläuft. Ständig wechselnde Besucher oder gar eine Party sollten in dieser Zeit natürlich unterbleiben. Auch darf man sich und die Tiere nicht unter zeitlichen Druck setzen. Bevor nun Hund und Katze gemeinsam das Haus beziehen, sollten für beide Rückzugsmöglichkeiten geschaffen werden, in die sie bei Bedarf jederzeit flüchten können. Kindergitter an Türen sind hilfreich, damit beispielsweise ein Hund an einer Verfolgungsjagd gehindert wird und die Katze ein Zimmer mit einem beherzten Sprung schnell verlassen kann. Zeigt sich hingegen die Katze eher angriffslustig dem Hund gegenüber, kann man sie mithilfe eines kompletten Türgitters separieren und somit beiden Seiten zunächst einmal eine langsame Annäherung ermöglichen. Denn durch ein Gitter ist auch nur ein vorsichtiges Beschnuppern und Kennenlernen möglich. «Wichtig ist ausserdem, beiden Tieren getrennte Futterplätze einzurichten, damit es nicht zu futterneidischen Streitereien und Rivalitäten kommt», sagt Fabienne Nigro. Das Katzenklo sollte für den Hund ebenfalls unerreichbar sein.

Behutsames Kennenlernen

Beim ersten Zusammentreffen von Hund und Katze ist man idealerweise zu zweit. «Die Tiere sollten unter Kontrolle sein. Der Hund an der Leine und, wenn möglich, die Katze am Geschirr. Die Katze muss dann aber unbedingt vorab an Geschirr und Leine gewöhnt worden sein. Die Begegnung findet am besten auf neutralem Terrain statt, damit das alteingesessene Tier keine Revieransprüche stellen kann. Negative Interaktionen jeglicher Art müssen strikt vermieden werden. Kommt es zu einem negativen Zwischenfall, kann sich dies als massives Angst- oder Angstaggressionsproblem manifestieren», so die Expertin. Wichtig ist auch, den Hund vorher auszulasten, damit er sich nicht wild und voller Temperament der Katze gegenüber zeigt. Nach dem ersten Zusammentreffen auf neutralem Terrain geht man mit beiden Tieren gleichzeitig ins Haus. Es versteht sich von selbst, dass vorab eventuelles Lieblingsspielzeug oder auch Kauknochen etc. von einem bereits vorhandenen Hund weggeräumt werden, damit er dem samtpfötigen Neuzugang gegenüber keine Ressourcenverteidigung an den Tag legt. Kommt der Hund als Neuankömmling hinzu, ist dafür zu sorgen, dass die Katze den Hund aus sicherer Entfernung beobachten kann. Eine gute Beobachtungsgabe ist nun auch von den Haltern gefragt. Die Zusammenführung sollte so schonend wie möglich und mit viel Geduld erfolgen. Es ist nicht sinnvoll, das eine Tier dem anderen vorzustellen. Am besten nähern sich beide einander freiwillig an. Zudem gilt es, sich möglichst neutral zu verhalten, damit man keine Eifersüchteleien schürt. Das alteingesessene Tier darf auf keinen Fall zugunsten des Neuankömmlings vernachlässigt werden. Streicheleinheiten und Beschäftigungen werden ab jetzt gleichmässig aufgeteilt.

Unterschiedliche Sprachen

«Kommt es zu einem Angriff, ob durch Hund oder Katze, muss der Halter eingreifen. Eventuell muss dann in ganz kleinen Schritten in einem entspannten Zustand eine Desensibilisierung an den auslösenden Reiz wie beispielsweise Angst vor dem Hund oder vor der Katze stattfinden», erklärt die Katzen- und Hundeverhaltenstherapeutin. Zudem darf nie vergessen werden, dass die unterschiedliche Körpersprache von Hunden und Katzen zunächst Verständigungsschwierigkeiten auslösen kann. «Ein wedelnder Schwanz bei einer Katze deutet auf Drohen und nervöse Erregung hin. Der Hund zeigt durch ein Wedeln mit der Rute freundliches Interesse oder auch Erregung an. Bei Katzen heisst frontales auf einen Zulaufen eine freudige Begegnung, während dies für Hunde als sehr unfreundlich und provokant gilt. Oder: Katzen drehen sich aus Abwehr auf die Seite. Hunde hingegen, die sich zur Seite drehen, machen dies aus Unterwürfigkeit und zur Beschwichtigung. Hunde frieren in einer Situation, in der sie extreme Angst haben oder überfordert sind, gerne ein. Katzen zeigen einen inneren Konflikt eher mit tief gehaltenem Schwanzwedeln», so Fabienne Nigro. Beide Seiten müssen sich also erst lesen und verstehen lernen. Die Zusammenführung von Hund und Katze braucht also Zeit, und nichts darf überstürzt werden. Daher gilt auch: Ist die Gewöhnungsphase noch nicht abgeschlossen, sollten beide während der Abwesenheit ihrer Halter räumlich getrennt voneinander auf deren Rückkehr warten.