Rustikales Ruhen
Schlafen im Stroh
Weg vom Lärm in die ländliche Ruhe, auf einem bequemen Untergrund wegschlummern. Übernachten im Stroh ist längst nicht mehr nur eine Kindheitserinnerung von Grosseltern, sondern ein wiederentdeckter Trend für alle Naturhungrigen.
Ruhe und Stille, das wünschen sich die meisten für eine erholsame Nacht. Und wo findet man diese eher als auf dem Land, wo wenig Verkehr und dafür umso mehr Natur herrscht? Für die ultimative Prise Landleben bietet sich das Übernachten im Stroh an. Früher gang und gäbe bei Kindern auf Bauernhöfen und in Dorfgemeinschaften, ist es heute eine originelle Auszeit für Gruppen, Einzelpersonen, Paare oder die ganze Familie.
Stroh sind die getrockneten Pflanzenreste, die nach der Ernte von Getreide übrigbleiben. Es kann nur zu einem geringen Teil verfüttert werden und wird primär in der Tierhaltung als Einstreu oder beim Pflanzenanbau als Schutz vor Feuchtigkeit und Unkraut verwendet. «Stroh ist individuell formbar, so kann sich jeder selber seine Matratze zurechtmachen, wie er möchte», so Christina Thalmann vom Erlebnishof Hatti in Aeschi bei Spiez (BE).
Umgeben von der Bergkulisse des Berner Oberlands, mit Blick auf den Thunersee nächtigt man auf ihrem Bauernhof in für Gruppen individuell abgetrennten Kojen auf einer 50 Zentimeter dicken Strohschicht. Darauf kommen eine Decke und der eigene Schlafsack. «Wer möchte, kann sich auch direkt auf das Stroh legen, das kann aber ein wenig pieken», sagt Thalmann mit einem Augenzwinkern. Übernachtungen im Stroh unterscheiden sich wesentlich von jenen in einem Hotel. Zwar sind Sanitäranlagen wie Toiletten und kaltes sowie warmes Wasser Vorschrift, aber bereits Duschen sind nicht bei jedem Anbieter zu finden.
Natürliche Umgebung tut gut
Christina Thalmann versichert sich daher bei Buchungen immer, dass die Anrufer auch wissen, worauf sie sich einlassen: «Schlafen im Stroh tut aufgrund der natürlichen Umgebung gut. Man muss aber auchwissen, dass es ein rustikales Erlebnis ist, mit wenig Privatsphäre, dafür umso aussergewöhnlicher.» Und genau dieses Aussergewöhliche suchen ihre Gäste, so Thalmann. Zu ihren Besuchern gehören so nicht nur Radfahrer und Wanderer auf einem Zwischenstopp, sondern auch Grosseltern mit ihren Enkeln, Schulklassen auf Exkursion und sogar Touristen aus Holland oder Japan, die sich auf dem Hof für eine Nacht die Extraportion «Swissness» gönnen wollen.
Stroh für müde Gäste zur Verfügung zu stellen hat seinen Ursprung darin, dass die Kühe im Sommer auf der Alp weiden und der Stall somit frei und ungenutzt ist. Militäreinheiten auf Übungen nutzten diese Gelegenheit als Erstes, um günstig und ungezwungen einen warmen und trockenen Schlafplatz zu haben. Heute bieten viele Bauernhöfe das Schlafen im Stroh für jedermann an. «Mitglieder des Agrotourismus Schweiz unterstehen dabei regelmässigen Kontrollen, müssen sich an die internen Richtlinien halten und absolvieren Weiterbildungen», berichtet Christina Thalmann, deren Betrieb ebenfalls zu der Schweizer Vereinigung gehört. So können die Gäste sichergehen, dass die Nacht im Stroh zum positiven Erlebnis wird.
Einzig für Kleinkinder und Stauballergiker ist das Angebot nicht geeignet. «Aber sogar Heuallergiker haben bei uns meistens keine Probleme, denn viele sind nicht allergisch gegen Stroh», versichert Thalmann. Für den richtigen Komfort sorgt nebst dem eigenen Schlafsack auch geeignete Kleidung, da die Nächte je nach Jahreszeit noch kühl sein können. Gute Schuhe für den Rundgang auf dem Hof sind ebenfalls angezeigt.
Bei Familie Thalmann locken hier nebst Grill- und Spielplatz verschiedene Tiere wie Hühner, Kaninchen, Pferde, Schweine, Ziegen, Katzen und ein Hofhund. Letzterer ist auch der Grund, warum eigene Hunde meistens nicht erlaubt sind. «Höchstens kleine Hunde, die in einer mitgebrachten Box übernachten, dürfen mit», sagt Christina Thalmann. Ins Stroh dürfen die Tiere aus hygienischen Gründen nicht. Am besten, man lässt den Vierbeiner also zuhause.
Regionale Betriebe unterstützen
Hat man sich am nächsten Tag das Stroh aus den Haaren gezupft und den Schlafsack eingerollt, bieten die meisten Erlebnishöfe ein Frühstück an. Bei Familie Thalmann kommen hier auch Eier der hofeigenen Hühner und Trockenfleisch von Schaf und Ziege auf den Tisch. Auf vielen Höfen findet man zudem regionale Produkte, die ein gutes Souvenir ergeben und die lokalen Produzenten unterstützen.
So kann man auch zu Hause noch eine Weile von dem Erlebnis zehren und sich ein Stück Landleben in die heimische Küche holen. Die Website von Agrotourismus Schweiz bietet einen Überblick über die zertifizierten Anbieter von Übernachtungen im Stroh. Hier findet man zudem weitere Erlebnisangebote rund um landwirtschaftliche Betriebe, sowie ein eigenes Magazin mit Ausflugstipps.
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Obst und Gemüse selber ernten
Nicht nur Erdbeerfelder laden saisonal zum Pflücken von frischen Früchten ein. Immer mehr Höfe bieten Obst und Gemüse zum Selberernten an. So wird nicht nur gewährleistet, dass saisonale Produkte im Einkaufskorb landen, sondern auch ganz frische Ware. Nebst Feldfrüchten erfreuen sich auch Schnittblumen und Tannenbäume in der Selbstbedienung zunehmender Beliebtheit.
Landdienst in modernem Kleid
Bei Agriviva packen Jugendliche auf Bauernhöfen selbst mit an. Jedes Jahr krempeln 1000 junge Menschen die Ärmel hoch und helfen im Haushalt, Garten, Stall und auf dem Feld mit. So lernen sie bei der Gastfamilie eine neue Welt und verborgene Fähigkeiten kennen. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich, vorausgesetzt werden lediglich Interesse, Motivation und Einsatzbereitschaft.
Freiwillige Berghilfe
Die Caritas unterstützt Bergbauernfamilien in schwierigen Situationen durch Vermittlung von freiwilligen Helferinnen und Helfern. Wer mindestens eine Woche Zeit hat und körperlich fit ist, auf den warten nebst der anstrengenden Arbeit auch interessante Begegnungen in atemberaubender Natur. Raus aus der Stadt, hoch in die Berge und dabei Gutes tun.
Ackern für Unterkunft und Verpflegung
Wen es ins Ausland zieht, für den kann das Angebot «Farmwork and Travel» interessant sein. Dort unterstützt man in Australien, Neuseeland, Irland, Japan, Kanada oder Südafrika die Farmbetreiber bei den täglichen Aufgaben und bekommt im Gegenzug Unterkunft und Verpflegung. Voraussetzung sind nebst der Volljährigkeit und allgemeiner guter Fitness hier gute Englischkenntnisse.
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