Wer Grüne Leguane, Dunkelrote Aras oder andere besondere Tiere halten will, kann das nur nach dem Besuch eines Sachkundekurses. Dies gilt seit der Totalrevision der Tierschutz-Verordnung 2008. «Ziel war, Ausbildung und Information der Tierhaltenden und den Tierschutz zu stärken», sagt Tiziana Boebner-Lombardo, Mediensprecherin des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV).

Das Tierschutzgesetz (TSchG) und die Tierschutzverordnung (TSchV) regeln die Haltung und Zucht von Heim- und Wildtieren sowie die Ausbildungsanforderungen an ihre Halterinnen und Halter. Generell sei für gewerbsmässige Tätigkeiten mit Tieren die Fachspezifische Berufsunabhängige Ausbildung (FBA) als Mindestanforderung eingeführt worden, sagt Tiziana Boebner-Lombardo. Für die private Haltung von Wild- und Nutztieren gebe es seither den Sachkundenachweis. «Beim Entscheid, ob für eine Tierart eine Sachkundenachweis-Pflicht eingeführt werden sollte, wurden verschiedene Faktoren berücksichtigt wie Anforderungen an die Haltung der Tierart wie etwa bei Frettchen, bekanntes Wissen in der Bevölkerung über die Tierart, wie dies bei Katzen der Fall ist, und Sicherheitsaspekte wie bei Hunden und Giftschlangen.»

Für grosse Aras und Kakadus

Private Organisationen haben Sachkundenachweiskurse ausgearbeitet. Sie müssen die Unterlagen regelmässig auf den neusten Stand bringen, denn sie werden durch das BLV geprüft und bewilligt. Ein Sachkundekurs dauert normalerweise einen Tag, so beispielsweise der Sachkundekurs zur Haltung grosser Ara- und Kakadu-Arten. Walter Mägerli aus Läufelfingen (BL) ist einer der Referenten. Er referiere zu den gesetzlichen Grundlagen zur Vogelhaltung, insbesondere in Bezug auf grosse Aras und Kakadus, sagt der ehemalige Ingenieur und Präsident der Vogelhaltervereinigung Exotis, der seit 50 Jahren Vögel hält. Kursleiterin und Referentin sei die Tierärztin Dr. Cornelia Christen. Sie spreche zur gesundheitlichen Vorsorge und zu Krankheiten von Vögeln. Die Tierpflegerin Cathrin Zimmermann thematisiere die korrekte Unterbringung grosser Aras und Kakadus, Haltungsansprüche und die richtige Fütterung. «Am Ende führen wir eine Lernkontrolle durch», erklärt Walter Mägerli. Der Kurs finde einmal jährlich in der Auffangstation für Papageien und Sittiche (APS) in Matzingen (TG) statt. «Dort werden grosse Aras und Kakadus gehalten, sodass die Tiere auch gleich vor Ort erlebt werden können.» Die Auffangstation kümmert sich um Sittiche und Papageien, die nicht mehr gehalten werden können, oft ein Resultat mangelnder Vorbereitung seitens der Halter. Vertiefte Informationen vor der Anschaffung beugen falschen Haltungsvoraussetzungen vor. Den Sachkundekurs zur Haltung grosser Aras und Kakadus in der APS besuchen jährlich zwischen 10 und 25 Personen. «Die wenigsten davon halten nachher bewilligungspflichtige Aras und Kakadus. Viele absolvieren den Kurs als Weiterbildung», sagt Walter Mägerli. Ob seit der Einführung der Sachkundekurse eine signifikante Verbesserung der Bedingungen der entsprechenden Tiergruppen erreicht werden konnte, kann das BLV nicht sagen. Tiziana Boebner-Lombardo: «Der Vollzug der Tierschutzgesetzgebung fällt in diesem Bereich in die Zuständigkeit der Kantone.» Es dürfe aber davon ausgegangen werden, dass die Ausbildungsanforderungen dazu beitrügen, dass Neuhalter über mehr Informationen über die Tierhaltung verfügten und damit weniger Haltungsfehler passierten.

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Was aber, wenn für eine bewilligungspflichtige Art kein Sachkundekurs angeboten wird? «Im Einzelfall kann die kantonale Behörde eine andere, gleichwertige Ausbildung anerkennen, zum Beispiel einen Kurs, der im Ausland absolviert wurde», sagt die Mediensprecherin des BLV. Alternativ könne auch ein dreiwöchiges Praktikum in einer vom Kanton bewilligten Haltung absolviert werden. Falls dies keine Alternativen seien, könne es sein, dass die gewünschte Tierart nicht gehalten werden könne.

Tiziana Boebner-Lombardo sagt: «Zurzeit sind keine neuen Bewilligungs- oder Ausbildungspflichten geplant.» Wenn dies künftig aber eingeführt würde, böte sich im Rahmen einer Tierschutzverordnungsrevision die Gelegenheit, Stellung zu beziehen. Wer Tiere hält, ob Goldfisch oder Ara, soll sich informieren, unabhängig davon, ob es gesetzlich vorgeschrieben ist. An Fachliteratur und Gesprächen mit Haltern der entsprechenden Arten führt nichts vorbei.

PFLICHTEN UND VORSCHRIFTEN
MIT SACHKUNDENACHWEISKURS
Frettchen, Benett- und Parmawallabie, Tanrek, Weissbauchigel, Leguane, Chamäleons, Giftschlangen, Riesenschlangen, Sporn- und Schlangenhalsschildkröten, Rochen, Fische, die mehr als einen Meter lang werden können, wie beispielsweise Störe, grosse Ara- und Kakadu-Arten.

OHNE SACHKUNDEKURS
Katzen, Papageien, Sittiche, Finkenvögel und Weichfresser, Fische, viele Reptilien wie Griechische Landschildkröten und Amphibien, Kaninchen sowie Kleinnager wie Chinchillas, Hamster, Mäuse, Meerschweinchen und Degus.

LISTE SACHKUNDEKURSE
Adressen zu Sachkundekursen sind auf der Webseite blv.admin.ch  unter der Rubrik «Tiere» unter «Aus- und Weiterbildung in der Tierhaltung und im Umgang mit Tieren» unter der Liste «Anerkannte Organisationen für die Ausbildung von privaten Wildtierhaltern» zu finden.

HUNDE
Für Hundehalter wurden auf nationaler Ebene Sachkundekurse 2017 wieder abgeschafft, dies aufgrund politischen Drucks. Es gibt aber einzelne Kantone, die sie wieder eingeführt haben, beispielsweise Zürich. Ein Hund muss in jedem Fall bei Übernahme bei der Wohngemeinde gemeldet werden.

EINHEIMISCHE VÖGEL
Wer einheimische Vögel hält, benötigt keinen Sachkundekurs, sehr wohl aber eine Haltebewilligung. Sie wird in den meisten Kantonen durch das Jagdinspektorat ausgestellt.

HALTEBEWILLIGUNGEN
Zur Haltung von Tierarten mit Sachkundekurs benötigt man eine Haltebewilligung. Sie wird von den kantonalen Veterinärämtern ausgestellt, wenn ein Nachweis eines Sachkundekurses vorliegt und meist nach Kontrolle der entsprechenden Gehege mit korrekten Grössen und Einrichtungen. Die Haltebewilligung muss alle zwei Jahre erneuert werden. Wenn die Haltung einwandfrei ist, kann die Frist auf vier Jahre verlängert werden. Haltebewilligungen sind mit Kosten verbunden.

TIERBESTANDSKONTROLLE
Wer haltebewilligungspflichtige und artengeschützte Tiere hält, muss eine Bestandeskontrolle führen. Kaufquittungen belegen ihre Herkunft.