Eine Betonmauer wirkt öde und deprimierend. Ganz anders eine Trockenmauer. Sie ist aus Natursteinen gefertigt und wird bald einmal von Pflanzen besiedelt. Trockenmauern werden ohne Mörtel erbaut. Das Zusammenfügen passender Steine ist eine Kunst.

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Vergessenes Handwerk

Trockenmauern werden seit der Antike gefertigt. Mit dem Aufkommen moderner Baumethoden geriet dieses Handwerk immer mehr in Vergessenheit. Heute wird es wiederbelebt, denn Trockenmauern sind nicht nur ästhetisch, sondern sie bieten auch Ersatzlebensräume für Pflanzen und Tiere.

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Trockenmauern sind effizient

Langfristig ist eine Trockenmauer belastbarer und besser für die Landschaft als eine Betonmauer. Hinter einer Betonmauer staut sich Wasser, eine Trockenmauer lässt es durchsickern und festigt sich so viel besser, da sich wegen der Feuchtigkeit auch Pflanzen anwurzeln und durch ihr Wurzelwerk zusätzlich zur Stabilität beitragen. Betonmauern sind der Erosion Preis gegeben und halten nicht so lange wie gut gebaute Trockenmauern.

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Anspruchsvolles Mauerbauen

Eine Trockenmauer zu bauen, ist komplex. Fachliche Hilfe ist notwendig. Viele Gartenbauer kennen sich damit aus oder haben sich sogar darauf spezialisiert. Es gibt auch Kurse, um den Bau von Trockenmauern zu erlernen.

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Fünf Grundregeln

BirdLife Schweiz, die schweizerische Vogelschutzorganisation, streicht fünf Grundregeln heraus, die beachtet werden sollten:

  • Jeder Stein sollte die beiden Nachbarsteine berühren. Lücken gefährden die Stabilität.
  • Die Steine sind versetzt zu platzieren. Ein Stein ist also auf zwei Steine zu setzen.
  • Die Oberfläche der Mauersteine muss immer leicht nach innen geneigt sein. Zwischen den Bausteinen, wo sich Hohlräume bilden, sind Füllsteine zu platzieren.
  • Mit einer Richtschnur sollte stetig überprüft werden, ob die Mauer gerade gebaut wird. Mauern ab einer Höhe von 1,3 Meter sollten doppelwandig gebaut werden.

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Im Winter neu bauen

Trockenmauern bestehen aus ungefähr einer Tonne Steine pro Meter. Eine erfahrene Person schafft zwei bis vier Meter pro Tag. Je nach Qualität der Steine betragen die Kosten, exklusive der Umgebungs- und Grabarbeiten, gut Fr. 700.-- pro Quadratmeter. Der Winter ist eine gute Zeit, eine Trockenmauer neu zu bauen. Reparaturarbeiten sollten aber dann nicht vorgenommen werden, weil in Mauerritzen viele Reptilien und Insekten überwintern.

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Interessanter Pflanzenlebensraum

Trockenmauern werden je nach Region und Position von unterschiedlichen Pflanzen bewachsen. Steinbrech-, Farnarten und Storchenschnabel siedeln darin. Auch Wollblumen spriessen, nebst dem Zimbelkraut. Für sukkulente Arten, also solche, die Wasser speichern, wie Hauswurz und Sedum oder Mauerpfeffer, sind Mauern prädestiniert. Auch Algen und Moosarten besiedeln Trockenmauern mit den Jahren.

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Korridorfunktion

Beispielsweise im Wallis kommt es vor, dass der exotische Wiedehopf in Mauerlöchern brütet. Die Nischen in Mauern bilden auch Unterschlupfmöglichkeiten für Reptilien wie Eidechsenarten. Zahlreiche Insekten siedeln in Trockenmauern. Weiter haben solche Mauern eine Korridorfunktion, wenn sie von strukturreichen Streifen umgeben sind. Trockenmauern sind Ersatzlebensräume für durch den Menschen zerstörte Biotope.

Ein Beispiel eines Kompromisses zeigt eine Mauer im Botanischen Garten Genf. Da wurde poröser Stein verwendet. Die rechteckigen Quader wurden zwar mit Mörtel aneinander gefügt, doch Löcher in der Mauer bieten Platz für unterschiedliche, teils auch mediterrane Pflanzen. So wirkt die Mauer interessant, sie ist ästhetisch und bietet auch Insekten sowie Vögeln Nischen. Eine solche Mauer erstellen zu lassen ist weitaus preiswerter, als wenn eine Trockenmauer aus Natursteinen gebaut wird.

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