Ein Palast für Tiere
Augenschein im Naturhistorischen Museum Lausanne im Palais de Rumine
Das Muséum cantonal des sciences naturelles in Lausanne befindet sich im Palais de Rumine, einem repräsentativen Gebäude, ähnlich einem Regierungspalast. Hohe steinerne Treppen, Säulenhallen und Säle mit Ausstellungsvitrinen prägen das Gebäude. Vom Reiz systematischer Sammlungen und von Kuriositäten.
Die Adresse tönt verheissungsvoll. Palais de Rumine am Place de la Riponne. Vom Hauptbahnhof Lausanne ist das Naturhistorische Museum rasch erreicht. Die Métro in Richtung Croisette ist gleich durch die Unterführung im Bahnhof erreichbar, fährt alle paar Minuten und führt in wenigen Minuten zur Station Riponne Maurice Béjart. Der Palast, in welchem sich das Naturhistorische Museum Lausanne befindet, fällt gleich ins Auge. Er dominiert den Place de la Riponne. In solchen Palästen wohnen normalerweise Könige. In Lausanne aber sind da zwei Museen und die Bibliothek untergebracht, das Naturéum und das Archäologische und historische Museum. Auch ein Münzenkabinett gehört dazu. Und das Grossartige: Der Eintritt ist kostenlos!
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Stimmen hallen durch den Palast
Ein weites Treppenhaus führt durch Säulengalerien in die Höhe. Ornamente und Stuckaturen verzieren Saaleingänge, Nischen und Decken. Das Muséum cantonal des sciences naturelles, oft auch Naturéum département de Zoologie genannt, befindet sich zuoberst. Beim letzten Aufgang schmücken alte Landschaftsvitrinen den Zwischenboden. Eine zeigt heimische Vögel im Winter, die andere das Leben am Wasser. Zuoberst führen Fluchten in zwei gegenüberliegende, grosse Säle. Stimmen hallen von weit her durch den Palast.
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In der Ruhe der Museumssammlung
Wer dem Saal auf der linken Seite zustrebt, sieht zuerst einen über Schnee trottenden Eisbären in einer Vitrine. An einem Pult sitzt ein freundlich grüssender Aufseher. Gedämpftes Tageslicht fällt durch die Decke und seitliche Fenster ein. Bald nehmen die Vitrinen gefangen. Die Lausanner Museumssammlung ist sehr alt. Sämtliche Tiere sind mit handschriftlich erstellten Etiketten versehen. Viele wurden noch vor dem zweiten Weltkrieg präpariert und ausgestellt.
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Die Sammlung Narbel und Morton
So stammen etliche Exponate von Paul Narbel (1876 bis 1920). Der Lausanner Arzt, passionierte Zoologe und Jäger reiste zwischen 1906 und 1907 in Ceylon und Sumatra zusammen mit William Morton und brachte 5000 Exemplare von 1700 Arten zurück. Alle befinden sich im Naturhistorischen Museum Lausanne.
Viele kaum geläufige Arten
Die wissenschaftlichen Bezeichnungen sind demnach heute oft nicht mehr in Gebrauch. Gerade in den letzten Jahren wurden viele Arten umbenannt. In Kombination mit dem französischen Namen kommt man aber trotzdem auf die richtige Spur der Tierart. Die Fülle an Exponaten ist so gross, dass viele auch kaum geläufige Arten präsentiert werden.
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Systematische Sammlung
Das Naturhistorische Museum Lausanne wurde 1818 gegründet und ist das älteste Museum des Waadtländer Hauptortes. Nach 1906, als der Palais de Rumine fertig gestellt war, zog die Institution in das ehrwürdige Gebäude ein. Früher lag der Schwerpunkt von Museumssammlungen darin, möglichst viele Gegenstände und Tiere im Vergleich zu zeigen. Systematische Sammlungen waren in allen naturhistorischen Museen der Standard. Nach und nach wurden sie durch moderne Ausstellungen ersetzt, die Artenvielfalt verschwand hinter den Kulissen. Nicht so aber in Lausanne. Dort ermöglichen die Säle mit den alten Vitrinen direkte Vergleiche.
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Die Ausstellung der Papageien
Beispielsweise bei den Papageien. Verschiedene Arten sind vor Umrisse der Kontinente abgebildet, woher sie stammen. Drei Raritäten fallen auf. Da ist einmal der Kakapo aus Neuseeland, ein flugunfähiger Papagei, der akut vor dem Aussterben bedroht ist. Weiter ist ein gut erhaltenes Exponat des Erdsittichs aus Australien bemerkenswert. Dieser Sittich ist zwar flugfähig, lebt aber meist auf dem Boden, ist darum sehr gefährdet und wird in Europa nicht gehalten. Bei der dritten Art, die aus der Haltung völlig unbekannt ist, handelt es sich um den Purpurschwanzpapagei aus dem südamerikanischen Regenwald. Er zeichnet sich durch einen blauen Bürzel aus.
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Von Kenia nach Lausanne
Bei den Säugetieren turnen Flughörnchen durch die Vitrinen, Bärenartige stehen zum Vergleich und auch die Raubkatzenvielfalt kommt nicht zu kurz. Grosssäuger wie Antilopen und ein Büffel der afrikanischen Savanne stehen frei im Saal. Der Büffel beispielsweise wurde 1959 durch den Jäger M. E. Maurer in Kenia erlegt und dem Museum geschenkt. Das Breitmaulnashorn wurde 1937 durch den Jäger A. F. Ayre ebenfalls in Kenia erlegt. Heute werden nur noch Tiere, die gestorben sind, verarbeitet, so wie der Sibirische Tiger, der vorher im Zoo de Servion lebte.
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Der Saal der ausgestorbenen Arten
In einem gesonderten Saal, der über eine Treppe erreichbar ist, präsentiert das Museum Tiere, die bereits ausgestorben sind. Dazu gehören der Huia oder Lappenhopf aus Neuseeland, die Wandertaube, der Elfenbeinspecht und der Carolinasittich aus den USA sowie der Riesenalk, wo 1844 die beiden letzten Exemplare auf der Insel Eldey vor der Südwestküste Islands getötet wurden. Vom Stützbeutler haben wohl nur wenige schon gehört. Auch diese in Australien ausgestorbene Beutelsäugerart ist als Exponat vertreten. Wenig bekannt ist auch der Féra, eine ausgestorbene Fischart aus dem Genfersee.
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Typusexemplare
Im Naturhistorischen Museum Lausanne lagern auch Typusexemplare. Nach ihnen wurde die Art wissenschaftlich beschrieben. Dazu gehört der Höckerstorch aus Sumatra und Borneo, der als Ciconia stormi 1896 in die Wissenschaft eingeführt wurde. Ältestes Exemplar des Museums ist wohl der Königsgeier aus Brasilien. Die Herkunft des Exponats ist unbekannt, doch es stammt aus der Kollektion von Daniel Alexander Chavannes der von 1765 bis 1846 in Lausanne gelebt hat.
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Kryptozoologie und Kuriositäten
Einzigartig ist auch die kryptozoologische Sammlung. Dabei handelt es sich um die Forschung nach hypothetischen Arten. Das Lausanner Museum verwahrt das Archiv von Bernard Heuvelmans, eines belgisch-französischen Autors, der zeitlebens diesem Thema nachgegangen ist und alles zum Yeti, zu riesenhaften Seeschlangen und übrigen Fabeltieren zusammengetragen hat. Weiter gehört ein Kuriositätenkabinett zum Museum, das Abnormitäten im Tierreich zweigt, beispielsweise zweiköpfige Tiere. Auch eine Skelettsammlung ergänzt die Sammlungen.
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Das Mammut von Le Brassus
Im unteren Stockwerk ist eine Paläontologische Sammlung untergebracht. Bemerkenswert ist da ein fast vollständig erhaltenes Skelett eines Mammuts von Le Brassus im Valé de Joux, das dort 1969 entdeckt wurde und wohl 14 300 vor Christus dort verstarb.
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Einblick in jahrhundertelanges Schaffen
Der Besuch des Palais de Rumine ist eine Exkursion in erhabenen Räumlichkeiten, die in besondere Welten führt. Sie eröffnet Horizonte und gewährt Einblick in jahrhundertelanges zoologisches Schaffen.
AdressePalais de Rumine
Place de la Riponne 6
1005 Lausanne
palaisderumine.ch, Eintritt kostenlos
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