Winterweiss und sommerbraun
Das Mauswiesel und der Klimawandel
Ein schneeweises Wiesel huscht über die braungrüne Wiese. Ist es ein Mauswiesel oder ein Hermelin? Und warum ist das Tier immer noch weiss? Ein Blick auf den Schwanz zeigt deutlich: es ist ein Mauswiesel, den Hermeline besitzen im Sommer- wie im Winterfell eine deutlich schwarze Schwanzspitze, Mauswiesel hingegen nicht.
Das Umfärben ist beim Mauswiesel etwas kompliziert. Die Mauswiesel, die in tieferen Lagen zu Hause sind, zum Beispiel in Mittel- oder in Südeuropa färben nicht um. Hingegen die Mauswiesel Skandinaviens aber schon und in den Alpen gib es beide Typen, umfärbende und nicht umfärbende.
Erstaunlicherweise kann man diese beiden Färbungstypen im Sommerfell gut unterscheiden. Bei den Tieren, die im Winterfell schneeweiss sind, ist die braune Oberseite geradlinig von der weissen Unterseite abgesetzt, die Füsse sind weiss. Diesen Färbungstyp bezeichnen die Forscherinnen und Forscher als Typ I. Bei den nicht umfärbenden Mauswieseln vom Typ II ist die Trennlinie zwischen Ober- und Unterseite gezackt. Meistens besitzen die Tiere auch Backenpunkte.
Kreuzungen von beiden Typen
Schon vor Jahrzehnten hat Fritz Frank festgestellt, dass sich die beiden Farbtypen in Gefangenschaft kreuzen lassen. Er kreuzte ein Weibchen vom Typ I aus Skandinavien mit einem Männchen vom Typ II aus Deutschland und kreuzte und untersuchte auch deren Nachzucht. Es traten immer nur Tiere auf, die man ganz klar einem der beiden Färbungstypen zuordnen konnte, wobei der Typ I über den Typ II dominant war.
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Tiere, bei denen ein Elternpaar dem Typ II angehörte, färbten nie um. Eine Frage bleibt offen: Treten Kreuzungen zwischen den beiden Farbtypen auch im Freiland auf? Wie mein Kollege René Güttinger und ich wiederholt feststellten, kommen die beiden Farbtypen in Graubünden nebeneinander vor.
Der Weg von Gen zum Merkmal
Fritz Frank erkannte auch, dass die zwei Färbungstypen auf gekoppelten Allelen, also Ausprägungen eines einzigen Gens beruhen. Hier setzt die aktuelle Forschung an. Sie möchte in Erfahrung bringen, wie die Färbungstypen realisiert werden. Ein Gen ist ein Stück der DNA oder Erbsubstanz, das ein bestimmtes Protein oder Eiweiss bildet oder reguliert, welches wiederum den Stoffwechsel oder das Aussehen eines Individuums bestimmt.
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Wenn man den Weg vom Gen zum Merkmal kennt, lassen sich weitreichende Schlüsse über die Entstehung oder Evolution der variablen Fellfärbung erkennen. Diese Fragen untersuchen Prof. José Melo-Ferreira und seine Mitarbeiterin Inès Miranda von der Universität Porto, auch an Schweizer Material.
Man weiss, dass die Weissfärbung nur beim Typ I und bei tiefen Umgebungstemperaturen auftritt. Wenn es auch in den Alpen wärmer wird, werden die Mauswiesel vom Typ I nicht mehr umfärben. Sie behalten aber vorläufig die genetische Möglichkeit dazu.
Wenn die Warmperiode aber lange Zeit anhält, wird das Allel, welches die Umfärbung ermöglicht, keinen Selektionsvorteil mehr haben und seltener werden. Der Klimawandel wird sehr vieles in der Natur grundlegend verändern. Es ist wichtig, jede Situation einzeln zu analysieren und keine groben Verallgemeinerungen zu machen.
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