Eulen auf der Jagd
Wie der Bartkauz seine Beute unter dem Schnee aufspürt
Wühlmäuse sind vor dem Bartkauz nicht sicher, auch nicht, wenn sie sich unter einer Schneeschicht verstecken. Die Eule wendet nämliche eine besondere Jagd-Strategie an.
Obwohl der Bartkauz mit 70 Zentimetern Körpergrösse zu den grössten Eulen gehört, fliegt er geschickt durch viele Bäume hindurch. Der Vogel lebt in den nordischen Wäldern und ernährt sich am liebsten von Wühlmäusen – auch im Winter, wenn die Beutetiere sich unter fast einem Meter Schnee verstecken. Wie schafft es der Bartkauz aber, die Mäuse bei diesen Verhältnissen zu finden? Eine Studie veröffentlicht in der wissenschaftlichen Zeitschrift «Proceedings of the Royal Society B» erschienen ist, gibt Aufschluss darüber.
Ortung über Geräusche
Während die Eulen über den Schnee schweben, nutzen sie Geräusche, um ihre Beute zu orten. Allerdings absorbiert Schnee bekannterweise diese Geräusche. Daher machten die Forschenden der Studie Experimente in Kanada, um herauszufinden, welche Töne der Bartkauz wahrnehmen kann. Obwohl es so scheint, dass die Ohren von Eulen sich oben auf dem Kopf befinden, sind sie eher näher an der Mitte des Gesichts. Dort hilft ein Ring aus schallreflektierenden Federn, die Geräusche zu den Ohren zu leiten. Je grösser das Gesicht einer Eule ist, desto niedrigere Schallfrequenzen kann sie wahrnehmen. Der Bartkauz hat das grösste Gesicht aller Eulen, was für die Raubvögel ein Vorteil ist.
Lautsprecher im Schnee
Bisher gingen die Forscher davon aus, dass die Jäger die Ultraschallschwingungen der Nagetiere aufspüren. Die Experimente der Studie deuten jedoch darauf hin, dass Eulen auch tiefere Töne wahrnehmen können, zum Beispiel solche, die von Wühlmäusen beim Graben von Tunneln unter dem Schnee erzeugt werden. Das grosse Gesicht des Bartkauzes sei wahrscheinlich darum so gross, damit das Tier empfindlicher für tieffrequenten Schall ist, so die Forschenden.
Um herauszufinden, welche Geräusche es durch die Schneemasse schaffen, gruben die Forschenden neben Einsturzlöchern von den Eulen ein weiteres Loch. Einsturzlöcher entstehen, wenn ein Bartkauz nach seiner Beute in den Schnee taucht. In den neu gegrabenen Löchern stellten sie einen Lautsprecher auf und vergruben diesen unter einer Schneeschicht. Zudem wurde eine Schallkamera mit Mikrofonen aufgestellt, um die verschiedenen Geräusche aufzunehmen.
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Tiefe und hohe Frequenzen
Aus den vergrabenen Lautsprechern wurde dann ein weisses Rauschen abgespielt (ein hochfrequentes Geräusch) und Aufnahmen einer Wühlmaus (ein niederfrequentes Geräusch). Durch das Entfernen von Schneeschichten auf dem Lautsprecher konnte das Team aufzeichnen, wie sich die Schneehöhe auf die Tonfrequenzen auswirkt. Die Daten der Schallkamera zeigten beispielsweise, dass ein Grossteil des weissen Rauschens durch eine Schneeschicht von etwa zehn Zentimetern entweichen konnte, während nur die Töne mit niedrigeren Frequenzen eine 20 Zentimeter tiefe Schicht durchdringen konnten – genau die Töne, die die Eulen möglicherweise wahrnehmen.
Akustische Fata Morgana
Auch untersucht wurde die akustische Fata Morgana. Der Weg der Schallwellen aus dem Schnee wird gekrümmt, wenn sie auf die Schneeoberfläche treffen. Wenn sich eine Eule nicht direkt über ihrer Beute befindet, führt diese Biegung, die als Refraktion bezeichnet wird, dazu, dass der Ort, aus dem der Schall zu kommen scheint, von seinem tatsächlichen Ursprung abweicht. Es sei das gleiche Problem, das wir Menschen haben, wenn wir versuchen Dinge unter Wasser wahrzunehmen.
Wenn Bartkauze jagen, neigen sie dazu, zu ihrer Beute zu fliegen oder zu gleiten. Sobald sie in der Nähe einer Wühlmaus sind, schweben sie bis zu 10 Sekunden lang über ihr. Der Schwebeflug ermögliche es den Eulen, sich an einem Ort niederzulassen, der die akustische Fata Morgana minimiert.
Weitere Experimente möglich
Laut den Forschenden gebe es aber noch mehr zu lernen über die Raubvögel. In künftigen Experimenten könnte beispielweise untersucht werden, ob sich die Jagdgenauigkeit der Bartkauze ändert, wenn die Geräusche manipuliert werden.
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