Der WWF, der den Bericht Ende Jahr publiziert hat, schreibt von einem beispiellosen Artenverlust innert kurzer Zeit: Die Wildtierpopulationen sei innert 50 Jahren im Schnitt um 73 Prozent gesunken. «Wildtiere verschwinden im Rekordtempo für immer von unserem Planeten und alle Ursachen sind menschengemacht: Lebensraumzerstörung, Übernutzung und Wilderei, invasive Arten, Umweltverschmutzung sowie die Klimakrise», sagt René Kaspar, Artenschutzexperte beim WWF Schweiz. Es brauche jetzt eine Naturschutz-Offensive mit deutlich mehr Schutzgebieten. Ziel sei es, bis 2030 diesen Anteil auf 30 Prozent der Land-, Wasser- und Meeresfläche zu erhöhen. «Erfolge wie die Rettung einzelner Arten können das übergeordnete Bild nicht verschleiern: Der Biodiversitätsverlust schreitet mit einer Geschwindigkeit voran, die unsere Schutzbemühungen immer wieder überholt», führt René Kaspar weiter aus.

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Die Tierwelt präsentiert zwei Gewinner und zwei Verlierer aus dem aktuellen Bericht:

+Fischotter in der Schweiz: Bis zum Zweiten Weltkrieg wurde der Otter intensiv als Fischschädling bejagt. Seit 1952 ist er in der Schweiz geschützt, aber Lebensraumzerstörung, schwerabbauende Stoffe wie PCB und andere Umweltgifte waren stärker. 1989 konnte der letzte wildlebende Otter am Neuenburgersee beobachtet werden, danach galt er in der Schweiz als ausgestorben. Bis 2009 ein Exemplar in Reichenau in eine Fotofalle tappte. Seither wanderten weitere Otter aus Österreich und Frankreich in die Schweiz ein. Fischotter leben heute an fünf Gewässern in der Schweiz. Dank Kläranlagen und Flussrevitalisierungen findet der anpassungsfähige Fischjäger wieder mehr geeignete Lebensräume in der Schweiz.

+Weissstorch in der Schweiz: 1950 war der Weissstorch in der Schweiz ausgestorben. Dank des Engagements von vielen Freiwilligen konnten zuerst in Altreu (SO) und danach an immer mehr Orten Störche angesiedelt werden. Seit 1995 wird auf Auswilderungen verzichtet und dank Schutzbemühungen, der Aufwertung von Lebensräumen und dem fortlaufenden Engagement vieler Freiwilligen leben heute hierzulande wieder fast 900 Brutpaare. Das Ziel von 300 Paaren im Jahr 2024 wurde damit deutlich übertroffen. Über den Berg ist der Weissstorch aber noch nicht. Er gilt noch immer als potenziell gefährdet und der notwendige Bruterfolg von zwei Jungstörchen pro Jahr im Durchschnitt ist noch nicht erreicht. Fehlende Nistplätze mit genügend Nistmaterial, ungenügende Nahrungslebensräume, Stromschläge an Mittelspannungsleitungen und immer mehr Littering können die erzielten Erfolge rasch zunichtemachen.

-Igel in der Schweiz: Der westeuropäische Igel gilt neu als potenziell gefährdet. Die intensive Landwirtschaft vernichtet die vielfältigen Lebensräume in den traditionellen Kulturlandschaften. Ersatzlebensräume findet der Igel im Siedlungsgebiet. Wegen der Verbreitung von Schottergärten, unüberwindbaren Zäune, lieblosem Abstandgrün in den Wohnüberbauungen und dem Strassenverkehr verschwinden aber auch diese Habitate immer mehr. Als Insektenfresser ist der Igel auch stark vom Insektensterben betroffen. Ohne Veränderungen in den Siedlungen und im Landwirtschaftsland und ohne einen besseren Schutz der Insekten wird diese Entwicklung weitergehen.

-Goldlaufkäfer in der Schweiz: Goldlaufkäfer und viele andere Laufkäferarten jagen in den Äckern nach Schnecken und anderen Schädlingen. Sie schaffen es, Kartoffelkäfer unter Kontrolle zu halten und helfen damit der Landwirtschaft, den Einsatz von Pestiziden zu reduzieren und die Kosten zu senken. Der Goldlaufkäfer gilt als verletzlich und droht zu verschwinden. Nicht besser geht den anderen Laufkäferarten. Über 50 Prozent der Arten sind gefährdet, vier Prozent in der Schweiz sogar ausgestorben.