29 Fragen
Heimlich haust die Hausmaus
Sie sind klein, passen überall durch und sind immer dort zu finden, wo der Mensch sich niederlässt. Hausmäuse sind anpassungsfähige Säugetiere, mit denen sich auch die Forschung oft beschäftigt.
Frau König, wie unterscheiden sich Hausmäuse von anderen Mäusen?
Hausmäuse gehören wie die Ratten zur Familie der Echten Mäuse (Unterfamilie Murinae, Altweltmäuse). Im Vergleich zu anderen Mäusen wie den Wühlmäusen haben sie einen langen Schwanz und grosse, aus dem Fell ragende Ohren und Augen.
Wo auf der Welt findet man die Hausmaus?
Hausmäuse haben sich mit dem Menschen über alle Kontinente der Welt verbreitet, in die Schweiz kamen sie vor etwa 3000 Jahren. Sie ernähren sich von unserem Essen oder Futter, das wir Nutz- und Haustieren zur Verfügung stellen. Sie leben aber nicht nur in Scheunen, Vieh- und Pferdeställen, sondern auch in Bergwerken, auf Koralleninseln, sind in Kühlhäusern in Hafennähe beobachtet worden wie auch in Containern in der Antarktis. In Mitteleuropa findet man sie aber auch auf einigen schottischen oder englischen Inseln, wo sie unabhängig vom Menschen leben. Ausser Futter brauchen sie vor Fressfeinden geschützte Nester, in denen die Weibchen ihre Jungen aufziehen können.
Welche Bedeutung haben Hausmäuse in ökologischen Systemen?
Hausmäuse stehen auf dem Speisezettel von vielen Räubern wie Füchsen, Katzen, Wieseln, aber auch Eulen und anderen Greif-vögeln. Wir Menschen mögen sie nicht so gerne, weil sie grosse Schäden an gelagertem Getreide, Mais oder Rüben anrichten und Krankheiten übertragen können. Mit ihren Nagezähnen nagen sie sich durch Holzwände oder Isolationsmaterial und machen auch vor Elektrokabeln nicht halt.
Sind Mäuse schlau?
Hausmäuse sind ausgezeichnete Generalisten, die sich an die unterschiedlichsten Lebensräume anpassen können – wo immer Menschen leben, können sich auch Hausmäuse erfolgreich ansiedeln. Sie haben ein gutes Gedächtnis, erkennen sich individuell und erinnern sich über Wochen hinweg an eine Nahrungsquelle und auch an ihre Gruppenmitglieder. Sie lösen Probleme und können lernen, zuvor unbekannte essbare Nahrung von giftiger zu unterscheiden und Fressfeinde zu vermeiden. Aus ihrer Umwelt gewinnen sie ständig Informationen, die sie zum eigenen Überleben nutzen. All dies können sie auch aufgrund ihres flexiblen Brutpflege- und Sozialverhaltens.
Sind Mäuse sozial?
Hausmäuse sind sehr soziale Tiere. Weibchen leben in längerfristig stabilen Gruppen mit anderen Weibchen, manchmal auch mit Männchen, und ziehen ihre Würfe häufig gemeinschaftlich mit einer bekannten Sozialpartnerin auf. Die Männchen sind während der Fortpflanzungszeit weniger sozial, sondern kämpfen häufig gegeneinander um Zugang zu Weibchen, im Winter teilen sie aber auch häufig ein Nest mit Weibchen und anderen Männchen, wohl, um sich gegenseitig zu wärmen.
Wie kommunizieren Mäuse miteinander?
Vor allem über Geruch. Hausmäuse «sprechen» miteinander mit Hilfe von spezifischen Proteinen, die sie im Urin ausscheiden.Diese Proteine beinhalten Informationen über das Geschlecht, den Dominanz- und Fortpflanzungszustand sowie die Identität desjenigen, der die Markierung hinterlassen hat. Ausserdem kommunizieren sie akustisch miteinander, auch über Ultraschalllaute, die für uns Menschen nicht wahrnehmbar sind.
Unterscheiden sich Mäuse in ihren Persönlichkeiten?
Wie bei so gut wie allen Tieren gibt es auch bei Hausmäusen eher mutige und eher scheue Persönlichkeiten, manche sind eheraggressiv und dann weniger sozial, andere eher sozialkompetent.
Wann sind Mäuse aktiv?
Sie sind dämmerungsaktiv und vermeiden vor allem allzu helle Tageszeiten oder beleuchtete Orte.
Können Mäuse schwimmen?
Grundsätzlich ja, auch wenn Gewässer in ihrem Lebensraum eher selten sind. Wenn sie in einer lebensbedrohenden Situation sind, werden Hausmäuse auch schwimmend versuchen, sich in Sicherheit zu bringen, wenn es keine andere Möglichkeit gibt.
Warum bewegen sich Mäuse immer so schnell?
Wenn sie sich in unbekannter Umgebung oder über offene Flächen bewegen, rennen sie, um nicht von Fressfeinden erwischt zu werden. In bekannter und geschützter Umgebung können sie auch langsamer unterwegs sein, solange sie keine Bewegungen von einem anderen Tier oder aussergewöhnliche Geräusche oder Gerüche wahrnehmen. Gegenden, auf denen beispielsweise eine Katze uriniert hat, vermeiden sie.
Wie alt können Mäuse maximal werden?
Eine Labormaus kann 2 Jahre oder älter werden. In unserer Freilandstudie über Hausmäuse wurde ein Weibchen nachgewiesenermassen über 4 Jahre alt. Im Mittel ist die Lebenserwartung aber nur 5 bis 6 Monate für frei lebende Hausmäuse.
Warum pflanzen sich Mäuse so schnell fort?
Hausmäuse können unter günstigen Bedingungen bereits mit zwei bis drei Monaten fortpflanzungsfähig werden. Nach einer Trächtigkeitsdauer von 20 Tagen kann ein Weibchen nach weiteren23 Tagen einen Wurf von sieben Jungen entwöhnen. Da Weibchen kurz nach Geburt eines Wurfes wieder einen Fortpflanzungszyklus durchlaufen, kann der nächste Wurf bereits 28 Tage nach Geburt des vorherigen zur Welt kommen. In ihrer natürlichen Umgebung ist dies aber nur selten der Fall, aufgrund von Konkurrenz um Fortpflanzung und um geschützte Nester, in denen die Jungen aufgezogen werden können.
Sind Mäuseweibchen gute Mütter?
Bei allen Säugetieren sind die Weibchen grundsätzlich gute Mütter. Auch Hausmausweibchen säugen ihre Kinder, sie wärmen sie,lecken und pflegen sie. Dabei richten sie sich in ihrem mütterlichen Aufwand nach den Bedürfnissen der wachsenden Jungtiere, die diese über bestimmte Verhaltensweisen und über Ultraschall-laute ihren Müttern mitteilen. Weibchen beschützen ihre Jungen auch vor Fressfeinden und tragen sie bei Gefahr in ein anderes Nest.
Hilft der Mäusevater bei der Jungenaufzucht?
Aus Laborhaltung ist bekannt, dass ein Männchen sich auch um seinen Wurf kümmert, wenn es allein mit nur einem Weibchen zusammenlebt. Ansonsten leben Männchen und Weibchen sozial gesehen eher getrennte Leben.
Wie gross muss ein Loch sein, damit eine Maus durch passt?
So gross, dass zumindest der Schädel durch das Loch passt.
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Leben Mäuse wirklich wie bei Tom und Jerry in der Wand?
In älteren Häusern leben Hausmäuse in den Zwischenwänden, wo sie vor Katzen gut geschützt sind und sich über mehrere Etagen oder Räume im Haus bewegen können.
Können Hausmäuse auch ausserhalb von Gebäuden leben?
In Gebieten mit traditioneller Landwirtschaft leben Hausmäuse während des Sommers in zum Trocknen aufgetürmten Heuhaufen, im Herbst ziehen sie aber typischerweise wieder in nahe Gebäude. Auf unbewohnten Inseln vor Schottland oder in nur sehr dünn besiedelten Gegenden leben Hausmäuse ganzjährig unabhängig vom Menschen.
Sind Mäuse im Haus ein schlechtes Zeichen?
Bei älteren Häusern sind die Holzwände oder die Isolationsschichten zwischen Wänden für Nagetiere leichter zugänglich als in Betonhäusern. Hausmäuse können aber auch ein gutes Zeichen sein: Wenn man Hausmäuse hat, hat man keine Ratten im Haus.
Wie wird man Mäuse im Haus los?
Lebendfallen dort aufstellen, wo sich die Hausmäuse zwischen ihren Nestern und dem Futter entlang von Wänden bewegen. Die Stellen erkennt man am Kot.
Womit fängt man Mäuse am besten? Wirklich mit Käse?
Besser funktioniert Erdnussbutter, mit Haferflocken vermischt.
Legen Mäuse Vorräte an?
Eher sehr selten. Hängt mit ihrer Nahrung zusammen, in Ställen etwa sitzen Hausmäuse regelrecht auf ihrer Nahrung, wie zum Beispiel dem Futter für Nutz- oder Haustiere.
Ist Rattengift auch für Hausmäuse giftig?
Ja, das Gift hat bei Hausmäusen wie auch bei anderen Säugern denselben Effekt.
Helfen Ultraschallstecker gegen Mäuse?
Ich kenne persönlich dazu keine Untersuchungen mit Hausmäusen. Ich denke nicht, dass es längerfristig funktioniert.
Welche Krankheiten können Mäuse übertragen?
Hausmäuse können, wie auch andere Nager, über ihren Urin, Kot, Speichel sowie Hautkontakt Krankheiten übertragen, auch Toxoplasmose oder andere Zoonosen, also vom Tier auf den Menschen übertragbare Krankheiten.
Kann man Hausmäuse zähmen?
Ja, wenn man eine junge, von Muttermilch entwöhnte «wilde» Hausmaus an sich gewöhnt, sie mit der Hand füttert, wärmt, vorsichtig streichelt, wird sie den Menschen als Sozialpartner akzeptieren und somit zahm sein. Die Hausmaus wird dann «ihren» Menschen erkennen und sich Fremden gegenüber anders verhalten. Als tatsächliches Haustier eignet sich die domestizierte Form der Hausmäuse, die Farbmaus, jedoch besser.
Sind Farbmäuse gute Haustiere für Kinder?
Bei den Mäusen in den Zoohandlungen handelt es sich um Labormäuse. Sie sind handzahm, ihr Verhalten ist spannend zu beobachten, sie brauchen vergleichsweise wenig Platz. Mäuse sind als Haustiere aber für viele nicht so «attraktiv» wegen des typischen Körpergeruchs und weil sie erst gegen Abend und während der Nacht aktiv sind.
Warum werden ausgerechnet Nachkommen von Hausmäusen in der medizinischen Forschung verwendet?
Hausmäuse sind aufgrund ihrer Körpergrösse und ihrer Nahrung leicht und vergleichsweise kostengünstig in Käfigen zu halten und zu züchten, selbst in über Generationen andauernder Bruder-Schwester-Verpaarung und der daraus resultierenden Inzucht. Derartige Inzuchtstämme sind genetisch gut definiert, was für die Forschung vorteilhaft ist.
Warum sind Labormäuse meistens weiss?
Es gibt Farbgene, die für die Fellfarbe zuständig sind. Für den Nachweis von Erbgängen war es vor dem Zeitalter der Molekulargenetik vorteilhaft, wenn Tiere mit unterschiedlichen Fellfarben zur Verfügung standen. Einige dieser Inzuchtstämme sowie einige Auszuchtstämme sind sehr gut erforscht in Bezug auf ihre Genetik, Physiologie, Verhalten, sodass sie auch weiterhin für die Forschung gehalten und gezüchtet werden.
Gibt es in der Natur weisse Mäuse?
Grundsätzlich sollte es Albinos geben, wenn auch selten. Solche Mutanten haben allerdings vermutlich aufgrund ihrer höheren Auffälligkeit nur geringe Überlebenswahrscheinlichkeit.
Zur Person
Barbara König ist emeritierte Professorin an der Universität Zürich. Ihre Forschung widmete sie über viele Jahre den Hausmäusen, die sie unter anderem in einem Stall in der Nähe von Zürich studierte.
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