Wer Hühner hält, kennt das Phänomen: Sie picken gezielt nach kleinen Steinchen und schlucken sie herunter. Da Vögel keine Zähne besitzen, helfen die Steine im Magen den Tieren die Nahrung zu zerreiben und damit verdaubar zu machen. Besonders grosse Vögel brauchen dafür auch richtig grosse Menge an Steine. Bei Afrikanischen Straussen findet man bis zu einem Kilo Steine im Magen. Durch die Reibung wird nicht nur die Nahrung, sondern auch die Steine zerkleinert und schliesslich mit dem Kot wieder ausgeschieden.

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Unverdauliches verdaulich gemacht

Zwingend auf Steine angewiesen ist das Stein-Auerhuhn, das ausschliesslich im Osten Sibiriens vorkommt. Es ernährt sich im Winterhalbjahr überwiegend von den Knospen der Lärche, die eine dicke Rindenschicht aufweisen. Diese Schicht wird mit Hilfe der Steine im Magen abgerieben, so dass das verdauliche Mark übrigbleibt. Bereits Jungvögel verschlucken daher Kiesel, um den Magen mit dem wichtigen Mahlwerkzeug auszurüsten.

Auch die Vorfahren der Vögel, die Dinosaurier, haben vermutlich Steine gefressen. So fanden Wissenschaftler in der Magengegend von Brachiosauriern, grossen Pflanzenfressern aus dem Oberjura, Gesteinsbrocken. Wozu diese dienten, ist jedoch nicht vollständig geklärt. Zumindest scheint es so, dass pflanzenfressende Dinos ihre Nahrung bereits mit den Zähnen genügend zerkleinern konnten, und Steine lediglich frassen, um den Bedarf an bestimmten Stoffen zu decken, die sie über die pflanzliche Nahrung nicht aufnehmen konnten.

Besseres Sinken dank Ballast

Reissen statt Kauen, das ist die Funktion der Zähne von Krokodilen. Die Reptilien verschlucken die abgerissenen Fleischteile ihrer Beute unzerkaut und überlassen die Zerkleinerung den Steinen in ihrem Magen. Zudem wird diskutiert, ob die Magensteine auch als Ballast dienen könnten, damit die Krokodile unter Wasser auf Beute lauern können. Auch bei verschiedenen Robben- und Seelöwenarten findet man Steine im Magen, deren Funktion noch weitgehend unklar ist. Auch hier haben sie möglicherweise eine Doppelfunktion als Mahlwerkzeug und Ballast zum Sinken im Wasser.

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Erst 2006 entdecken Biologen ein Tier, das sich regelrecht in Steine hineinfrisst. Die Muschelart Lithoredo abatanica lebt auf Bohol, einer der unzähligen Inseln der Philippinen, und gehört zu den Schiffsbohrwürmern. Ihre Verwandten ernähren sich von Holz und sind dafür gefürchtet, sich in die Holzbohlen von Schiffen zu bohren und diese so zu beschädigen. Lithoredo abatanica besitzt dutzende Millimeter dicke Zähne, mit denen sie sich in Kalkstein hineinfrisst. Die zerkleinerten Steinstückchen verwendet die Muschel offenbar zum Bau der Schale. Ob die zersetzen Kalksteine auch als Nahrung dienen, ist indes noch offen.