Beispiele für problematische invasive Organismen gibt es viele. Neben Pflanzen wie dem Kirschlorbeer oder Insekten wie der marmorierten Baumwanze gibt es auch Muschelarten aus dem Ausland, die in der Schweiz zum Problem werden. Schon seit den 1960er-Jahren bekannt ist die Zebramuschel, 2014 wies man erstmals die Quaggamuschel nach, wie das Wasserforschungsinstitut Eawag schreibt. Beide Arten kommen aus dem Schwarzmeerraum, die Neuankömmlinge sind für die Invasion aber noch besser gerüstet.

Die Zebramuschel wird verdrängt

Tatsächlich habe die Quagga- die Zebramuschel vor allem in tiefen Seen teilweise ersetzt. Dies dank ihrer Fähigkeit, sich das ganze Jahr fortzupflanzen, weiches Substrat in der Tiefenzone zu besiedeln und Nahrung effizient aufzunehmen.

Erstmals in der Schweiz gefunden wurden Quaggamuscheln im Rhein bei Basel. Seither breiten sich die Art laut Eawag rasant in der Schweiz aus und kommt mittlerweile im Genfersee, Bodensee, Neuenburgersee, Bielersee, Lac Hongrin und dem Murtensee vor. Die Verbreitung geschieht entweder natürlich über die freischwimmenden Larven oder unbeabsichtigt durch Menschen. Letzteres geschieht etwa durch Ballast-, Bilgen- oder Motorenkühlwasser sowie an Boote, Schiffe oder Maschinen angeheftete ausgewachsene Muscheln.[IMG 2]

Quallen, Krebse und SchneckenDass invasive Arten längst nicht nur an Land ein Problem sind, zeigt das Beispiel Bodensee. Auf neozoen-bodensee.de sind nicht weniger als 20 Arten aufgeführt, die ursprünglich nicht in dieses Seeökosystem gehören und nun in unterschiedlichem Ausmass dort auftreten. Darunter sind etwa eine ostasiatische Süsswasserqualle, der Kiemenwurm aus Südasien, ein nordamerikanischer Flohkrebs sowie verschiedene Muschel-, Schnecken- und Grosskrebsarten.

 

Einschneidende Folgen befürchtet

Wie genau sich die Anwesenheit der Quaggamuscheln in Schweizer Seen auswirken wird, ist noch unbekannt. Anhaltspunkte geben aber Beobachtungen aus Nordamerika, heisst es beim Eawag. Man rechnet etwa mit einem Rückgang des Planktons, einer Nährstoffzunahme am Seegrund und Muschelschalen im Uferbereich. Das klingt im ersten Moment eher abstrakt und vielleicht nicht sehr besorgniserregend, hat aber weitere Folgen: Die Zusammensetzung der Artengemeinschaften unserer Seen könnte sich verändern, Fischbestände wegen mangelnder Nahrung zurückgehen. Nicht zuletzt bedeuten Muschelkrusten an Stegen, in Wasseraufbereitungsanlagen und an Booten erhöhten Wartungsaufwand und die Schalen sind für Badegäste weitaus unangenehmer als ein sandiges Ufer.

Es gilt vor allem, quaggafreie Seen zu schützen

Das Risiko, dass auch andere Seen, langsam fliessende Flüsse und Mündungsgebiete von der Quaggamuschel in Beschlag genommen werden, ist hoch. Wie bei allen invasiven Arten ist das oberste Gebot, ihre Weiterverbreitung zu vermeiden. Hier setzen Sensibilisierungskampagnen oder eine Reinigungspflicht für Boote an, die auf verschiedenen Gewässern zum Einsatz kommen. Ausserdem messen die Forschenden der Früherkennung eine grosse Bedeutung bei und behalten unsere Gewässer im Auge. Ein Patentrezept zur Bekämpfung gibt es bisher nicht.

[IMG 3]

 

Was bedeutet «invasiv»?Dass Arten neue Lebensräume erschliessen, ist erstmal weder ungewöhnlich noch unnatürlich. Durch die Globalisierung und die weltweiten Handelsströme wurden und werden aber immer wieder Tiere und Pflanzen in Gebiete eingeführt, in die sie ohne menschliche Hilfe nie gelangt wären. Die Einschleppung kann unbewusst erfolgen, etwa wenn ein Insekt als blinder Passagier im Holz einer Transportkiste mitreist. In der Vergangenheit wurden aber auch bewusst und absichtlich neue Arten angesiedelt, z. B. bekannte Nutztiere auf neu entdeckten Inseln. Solche gebietsfremden Organismen können grossen Schaden anrichten, da die Ökosysteme fern ihrer Herkunftsregion nicht an sie angepasst sind. Zudem können eingeführte Arten davon profitieren, dass sie im neuen Gebiet keine natürlichen Feinde haben, die einheimische Fauna und Flora verdrängen oder zum Problem für die menschliche Gesundheit werden.
Nach der Definition des Bundesamts für Umwelt (Bafu) gelten in der Schweiz jene Arten als gebietsfremd, die von ausserhalb des europäischen EU/EFTA-Raums stammen. Als invasiv werden Arten bezeichnet, die ökologische, soziale und ökonomische Schäden verursachen. Hierzulande sind über 800 etablierte gebietsfremde Arten gelistet, 100 werden als problematisch angesehen.