In den äthiopischen Semien-Bergen fällt das Hochland im Norden abrupt zu den tiefer gelegenen Landschaften ab. In diesem Steilabfall lebt der Walia, der südlichste Steinbock der Welt. Im gleichen Lebensraum nächtigen auch die kräftigen Gelada-Paviane. Gelegentlich weiden die grasfressenden Affen in grossen Scharen gemeinsam mit dem Steinbock im Grasland der Hochflächen, die an den Steilabfall angrenzen. Ein schier unglaubliches Szenario für alle, die den Steinbock zum klassischen Alpenbild zählen.

Allerdings gibt es auf der Welt neun Steinbock-Arten der Gattung Capra, die alle im felsigen Gebieten rund um den Grossraum des Mittelmeeres und im nahen Vorderasien leben. Von allen diesen Steinbockarten, ist der Walia der farbigste. Das Fell des Rückens ist rötlichbraun, schwarz-weiss sind die Zeichnungen der Beine und weiss ist auch der Bauch. Alte Böcke tragen einen langen Bart, der dem Alpensteinbock fehlt.  Sehr lang und kräftig sind die Hörner der alten Männchen. Der Walia ist nur unwesentlich kleiner und leichter als die Alpensteinböcke.

Gefährdeter Steinbock

Der Walia ist seit den ersten Erhebungen vor mehr als 50 Jahren als vom Aussterben gefährdet einzustufen. Damals lebten im Semien Mountains Nationalpark, der zu seinem Schutz gegründet wurde, gerade mal 150 Tiere. Trotz vieler politischer Wirren hat sich der Bestand seither mehr als verdoppelt.  Ein wichtiger Grund für die Bedrohung war und ist der immer grössere Druck auf seinen Lebensraum durch die seit Jahrzehnten stark anwachsende Bevölkerung. Früher war es auch die Wilderei.

Gejagt wurde der Walia nicht in erster Linie wegen des Fleisches, sondern wegen seiner Hörner. Es war eine eigentliche Trophäenjagd. Überall auf der Welt, wo Steinböcke leben, sind sie ausgesprochene Symboltiere, nicht nur im Tourismus. Sie geben Biermarken ihren Namen und sind die Maskottchen militärischer Einheiten. Ihr Bild ziert Briefmarken vieler Länder, auch Äthiopiens. Künstlerinnen und Künstler haben unzählige Bilder und Skulpturen von Steinböcken angefertigt. Meistens dienten alte Böcke mit gewaltigen Hörnern als Modell. Grosse Hörner sollen die Rivalen und die Weibchen beeindrucken. Sie beeindrucken auch uns Menschen.

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