Jedes Jahr gibt es ein anderes vermeintliches Problemtier. War es 2022 noch die als hochgiftig betitelte Nosferatu-Spinne, ist es dieses Jahr ein seltsam anzusehender Käfer. Der Schwarzblaue Ölkäfer (Meloe proscarabaeus), volkstümlich auch als Maiwurm bekannt, ist vor allem im Wonnemonat anzutreffen. Auch wenn er im Mai Hochsaison hat, ist der Käfer in der Schweiz selten.

Warum ihm dennoch dieses Jahr viel Aufmerksamkeit zuteil wird, hat seinen Grund in seiner Giftigkeit. Durch seinen plumpen Körperbau ist das flugunfähige Insekt von Fressfeinden schnell ausgemacht. Um Laufkäfern und Ameisen nicht zum Opfer zu fallen, weiss sich das Krabbeltier zu helfen. Bei Gefahr drückt der Ölkäfer eine Flüssigkeit aus Poren an den Beingelenken hervor. Sie enthält Cantharidin, ein Reiz- und Nervengift, das abschreckend auf andere Insekten wirkt und auf der menschlichen Haut zu Irritationen und Blasen führen kann.

Schon in der Antike wurde Cantharidin als Aphrodisiakum eingesetzt, denn durch die Reizung der Harnwege durch das Gift kann es zu schmerzhaften Dauererektionen bei Männern kommen. Luststeigernd ist seine Wirkung indes nicht. Als Medikament fand Cantharidin bei Darmbeschwerden oder auch zur Entfernung von Warzen Verwendung. Überdosierungen führten jedoch immer wieder zu schweren Nebenwirkungen wie Schleimhautschädigungen, Nekrosen oder Nierenschäden.

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Darüber, wie gefährlich der Schwarzblaue Ölkäfer für uns Menschen ist, sollte uns einer über den Weg laufen, kann folgende Rechnung Aufschluss geben. 0,5 Milligramm Cantharidin pro Kilogramm Körpergewicht können ausreichen, um an einem Leber- oder Nierenversagen zu sterben. Ein 70 Kilogramm schwerer Mensch müsste demnach 35 Milligramm des Giftstoffes essen, was in etwa 17 Schwarzblauen Ölkäfern entspricht, um eine tödliche Wirkung zu erzielen. Deshalb gilt: Die Käfer nur beobachten und nicht in den Mund nehmen. Auch das Anfassen eines Ölkäfers sollte man unterlassen, da der Kontakt Hautreizungen auslösen kann. Berührt man dennoch einen, gilt es, sich gründlich die Hände mit Seife zu waschen.

Trotz der starken Wirkung des Giftes sind Fälle von Vergiftungen durch das Anfassen des Ölkäfers weder bei Menschen noch bei Haustieren bekannt. Das mag daran liegen, dass das Insekt eher selten ist und durch sein Aussehen nur ungern berührt wird. Wer das Glück hat, einer der 18 in der Schweiz lebenden Ölkäferarten zu begegnen, der kann sich über diesen schönen Fund erfreuen.