Aus dem WWF Living Planet Index geht hervor, dass bei den Ökosystemen der Rückgang in Seen und Flüssen mit 85 Prozent am stärksten ist. Danach folgen Land- (69 Prozent) und Meeresökosysteme (56 Prozent). Weltweit gesehen verzeichnen Lateinamerika und die Karibik mit 95 Prozent den stärksten Rückgang an Wildtierpopulationen, gefolgt von Afrika (76 Prozent) und Asien-Pazifik (60 Prozent). Zwei konkrete Beispiele: In Australien gibt es 57 Prozent weniger Karettschildkröten; im Amazonasgebiet 65 Prozent weniger Flussdelfine als vor 50 Jahren.

Der Living Planet Index führt vor Augen, das die Natur mit alarmierender Geschwindigkeit verschwindet. Das habe gravierende Folgen, schreibt der WWF: «Denn wenn Ökosysteme zu stark geschädigt werden, können sie Kipp-Punkte erreichen, die abrupt und ohne Vorwarnung eintreten. Einmal überschritten, ist eine Rückkehr zum ursprünglichen Zustand extrem schwierig oder unmöglich – mit Folgen, die weit über die Region hinausreichen.»  So bedrohe die Zerstörung des Amazonas-Regenwaldes, das Schmelzen der Eisschilde in Grönland und der Westantarktis oder das Massensterben von Korallenriffen nicht nur die Artenvielfalt, sondern auch menschliche Lebensgrundlagen.

Im Amazonasgebiet drohe ein Kipp-Punkt, wenn 20 bis 25 Prozent des Regenwaldes zerstört würde. Aktuell seien bereits 14 bis 17 Prozent abgeholzt worden, so der WWF Living Planet Index. Würde dieser Kipp-Punkt erreicht, könnte sich das gesamte Ökosystem unumkehrbar verändern, mit verherrenden Folgen für Klima und Biodiversität weltweit. Ein Teufelskreis, denn die massive Freisetzung von CO2 würde den Klimawandel noch weiter ankurbeln. 

Bartgeier als Beispiel für erfolgreichen Artenschutz

Einen erheblichen Teil zum weltweiten Rückgang der Lebensräume auf der ganzen Welt trage unsere Ernährung bei, schreibt der WWF Living Planet Index. Natürliche Lebensräume wie Wälder, Savannen oder Feuchtgebiete werden zerstört und in Felder oder Weideflächen umgewandelt. Grosse Flächen würden für den Anbau von Tierfutter wie Soja oder Mais umgenutzt. Auch der Einsatz von Pestiziden führe dazu, dass der Druck auf viele Arten steigt.

Auch die Klimakrise führe dazu, dass Tierpopulationen unter Druck geraten. Die Flussdelfine im Amazonasgebiet haben beispielsweise bei Wassertemperaturen von über 39 Grad keine Möglichkeit, ihren Körper zu kühlen und sterben den Hitzetod.

Viele Arten gefährdet
Welche Tiere könnten bis 2050 ausgestorben sein?
Donnerstag, 24. November 2022
«Der Living Planet Report 2024 ist ein Weckruf. Unser Ernährungssystem ist der Haupttreiber des Biodiversitätsverlusts. In der Schweiz können wir durch nachhaltige Landwirtschaft und verantwortungsvollen Konsum einen wichtigen Beitrag leisten, um den Biodiversitätsverlust zu stoppen», betont Thomas Vellacott, CEO beim WWF Schweiz.

Es gäbe aber auch positive Beispiele für erfolgreichen Artenschutz: «Die Rückkehr des Bartgeiers in die Schweizer Alpen zeigt: Gezielte Massnahmen zum Artenschutz wirken», so Vellacott. «Ähnliche Beispiele gibt es auf allen Kontinenten. Nun müssen wir diesen Erfolg auf breiterer Ebene wiederholen».