Ein Trip mit Nebenwirkungen
Honig statt LSD
Honig ist nicht gleich Honig. Einige Sorten sind schwer zu kriegen, andere verursachen Durchfall.Die berauschenden und heilsamen Effekte verschiedener Honigarten sind zudem fester Bestandteilder traditionellen Medizin.
Bedienen sich Bienen an den Pollen der Rhododendronblüten, kann der daraus entstehende Honig eine halluzinogene Wirkung entfalten. Daher wird er auch als «mad honey» bezeichnet. Er hat einen leicht bitteren Geschmack und eine rötliche Farbe. Vor allem einige Rhododendronarten, darunter Rhododendron luteum und Rhododendron ponticum, enthalten Grayanotoxine und LSD-ähnliche Substanzen, die bei Menschen und Tieren starke physiologische Reaktionen hervorrufen können. Je nach Verzehrmenge können die Reaktionen von Halluzinationen und verlangsamtem Herzschlag bis hin zu vorübergehender Lähmung und Bewusstlosigkeit reichen. Bislang sind jedoch keine Todesfälle durch den Verzehr des «verrückten Bienenhonigs» bekannt.
In Nepal geht die Gurung zweimal im Jahr auf die Suche nach den Nestern der Kliffhonigbiene (Apis dorsata laboriosa). Die schwarz-weiss geringelte Riesenhonigbiene gilt mit bis zu drei Zentimetern Länge als grösste Honigbiene der Welt. Damit übertrifft sie sogar unsere einheimische Hornisse, bei der es die Arbeiterinnen gerade mal auf zweieinhalb Zentimeter bringen. Die Honigjagd der Nepalesen ist nicht nur wegen der erbosten Gegenwehr riskant: Für ihre Nistplätze sucht sich die Riesenhonigbiene wohlweislich die steilsten und unzugänglichsten Felswände aus. Und so kann das Sammeln des Honigs gefährlicher sein als sein Verzehr.
Ein Trip mit Nebenwirkungen
Aber auch der Verzehr des Honigs kann ein unangenehmes Unterfangen sein. Einer der frühesten Berichte über Bienenhonig stammt von Xenophon, einem Schüler des Sokrates'. Er beschreibt eine Gruppe griechischer Soldaten, die 401 vor Christus durch die Türkei reisten. Nachdem sie Honig gegessen hatten, der aus Bienenstöcken entlang der Route gestohlen worden war, erbrachen sie sich, bekamen Durchfall, wurden desorientiert und konnten nicht mehr stehen. Heutige Konsumenten beschreiben ähnliche Auswirkungen nach dem Verzehr des «mad honeys».
Mehr spannende Artikel rund um Tiere und die Natur?Dieser Artikel erschien in der gedruckten Ausgabe Nr 03/2023 vom 9. Februar 2023. Mit einem Schnupperabo erhalten Sie 6 gedruckte Ausgaben für nur 25 Franken in Ihren Briefkasten geliefert und können gleichzeitig digital auf das ganze E-Paper Archiv seit 2012 zugreifen. In unserer Abo-Übersicht finden Sie alle Abo-Möglichkeiten in der Übersicht.
Jetzt Schnupperabo abschliessen
Zur Abo-Übersicht
Der Honig hat jedoch auch andere Verwendungszwecke. In der Türkei und in Nepal, den Hochburgen der Honigproduktion, wird er traditionell als Medizin angebaut. Heute wird er als Mittel gegen Bluthochdruck, als Energiespender und als süsser Ersatz für Viagra angepriesen. Infolgedessen gehört «mad honey» zu den teuersten Honigsorten der Welt.
Auf den Schwarzmärkten einiger asiatischer Länder wird er für 80 Franken pro Pfund verkauft. Das Problem: Nicht jeder Nutzer geht mit halluzinogenem Honig massvoll um. Die Annahme, viel hilft viel, kann sich als tödlicher Irrtum erweisen.
Bitte loggen Sie sich ein, um die Kommentarfunktion zu nutzen.
Falls Sie noch kein Agrarmedien-Login besitzen:
Jetzt registrieren