Seltene Schweizer Tierrassen|Dieser Artikel gehört zum Dossier: Seltene Schweizer Nutztierrassen
Das Bündner Oberländer Schaf und seine vielfältigen Ahnen
Die Herkunft des Bündner Oberländer Schafs ist vielseitig. Die Schafe sind leichtfüssig, zäh und ausgesprochen anpassungsfähig.
Seit genau 120 Jahren besitzt des Bündner Naturmuseum in Chur ein sehr gut erhaltenes Präparat eines Tavetscher – oder eines Bündner Oberländer Schafes. Das war ein guter Grund für den Verein zur Erhaltung des Bündner Oberländer Schafes am 4. März 2023 in Chur die jährliche Mitgliederversammlung abzuhalten und die Vergangenheit und die Zukunft dieser seltenen Rasse zu diskutieren.
Was ist das Besondere an diesem Schaf, dass man sich von vor mehr als 100 Jahren um sein Schicksal kümmerte? Die Gebirgsrasse zeigt einige Merkmale, die als urtümlich angesehen wurden.
Ähnlichkeit mit den fast wilden Vorfahren
Die Weibchen oder Auen besitzen oft ziegenartige Hörner, die Wolle ist nicht gekräuselt und die Schnauze gerade, also ohne Rammsnase. Letztere war typisch für die Schafe, welche die Bergamasker auf die südlichen Bündner Alpen auftrieben. Die Farbe der Wolle war grau oder braun. Ihre Farbe soll dem grauen Tuch der Oberländer Bauern und letztlich sogar dem Kanton Graubünden den Namen gegeben haben.
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Das Bündner Oberländer Schaf ist heute eindeutig als Rasse definiert. Die Namen wie Vriner Schaf, Tavetscher Schaf, Somvixer Schaf oder gar Nalpser Schaf sind Bezeichnungen für lokale Schläge, die ohne exakte Definition verwendet wurden. Farblich finden sich heutzutage neben den weissen Tieren auch schwarze, braune, silbergraue und gämsfarbige Schafe.
Schon vor 100 Jahren diskutierten bekannte Haustierforscher wie C. Keller, F. Rütimeyer oder F. Anderegg die Herkunft des Bündner Oberländer Schafes und stellten fest, dass es noch die Merkmale besass, welche die sogenannten Torfschafe aus den schweizerischen Pfahlbausiedlungen kennzeichneten. Heute ist man der Ansicht, dass der Ursprung des Schafes in Südwestasien lag und die Stammform dem heutigen Mouflon ähnlich war.
In der Jungsteinzeit wanderten Hirten mit ihren Schafen nach Westen. Später wurden viele dieser Schafe mit ausländischen Rassen gekreuzt, die eine grössere Leistung im Bereich der Fleisch- und Wollproduktion zeigten.
Das Bündner Oberländer Schaf wurde, wie andere sogenannte Steinschafe, in diese Einkreuzungen nicht einbezogen. Allerdings erhielten nur die vom Bund anerkannten Leistungsrassen eine staatliche Förderung. So blieb das Bündner Oberländer Schaf ein urtümlicher lokaler Schlag.
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Zäh und anpassungsfähig
Die Tiere sind tendenziell scheu, können aber bei guter Betreuung sehr zutraulich werden. Sie sind robust, anpassungsfähig und bewegen sich auch bei schlechter Witterung trittsicher im Gelände. Die Weibchen haben einen guten Mutterinstinkt und sind für ihre Wachsamkeit bekannt.
Die Stiftung ProSpecieRara Die Stiftung ProSpecieRara setzt sich seit über 40 Jahren für den Erhalt von gefährdeten Nutztierrassen in der Schweiz ein, wie etwa der Bündner Oberländer Schafe. Wie Sie die 38 ProSpecieRara-Rassen aktiv als Tierhalterin oder als Gönner unterstützen können, erfahren Sie auf der Webseite von ProSpecieRara.
Zur Website
Viele Versuche das Bündner Oberländer Schaf zu erhalten, scheiterten, so auch die Bemühungen der kantonalen Bündner Naturschutzkommission in den Jahren von 1945 bis 1960. Damals gab es keine Tiere mehr, die dem urtümlichen Typ entsprachen. Mitte der 80ziger Jahre fand Hanspeter Grünenfelder von der ProSpecieRara im Bündner Oberland einige Tiere mit typischen Merkmalen, die als Basis für eine neue Erhaltungszucht dienten.
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Heute hat der Verein zur Erhaltung des Bündner Oberländer Schafes diese Aufgabe übernommen. Natürlich kann die alte Rasse nicht in allen Teilen erhalten werden. Wichtig ist es ein Schaf zu haben, das durch seine Genügsamkeit geprägt ist, und eine überbordende Ausrichtung auf Leistung nie mitmachen musste. Schwieriger ist es die hohe Anpassung an die alpine Umwelt zu erhalten, die durch eine geringe Winterfütterung und karge Sommerweiden geprägt war.
Gute Fleischqualität
Die Schafe haben nicht übermässige Muskeln, überzeugen aber mit zarter und magerer Fleischqualität. Auch das Wollkleid wird oft bewundert. Die Mischwolligkeit und das breite Farbspektrum führen zu grosser Beliebtheit.
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Fakten zur Bündner Oberländer Schaf Bestandesentwicklung
- leicht steigend
Nutzung
- Fleisch
- Wolle
Zuchtziele
- Widerstandskraft, Langlebigkeit, Geländegängigkeit, Gesundheit, frei von Erbfehlern
- Leichter und feiner Körperbau mit edlem Kopf
- Gute Fruchtbarkeit und Aufzuchteigenschaften
- Mittlere bis gröbere Wolle
- Mageres Fleisch
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